Er war Straßenmusiker, ist Schauspieler und Chef. Morgen singt Rolf Claussen mit Stefan Gwildis und Joja Wendt als Söhne Hamburgs im Stadtpark.

Hamburg. Es gibt Tage, da ist Rolf Claussen der Herr im Haus. Am Dienstag etwa hat er meistens frei, dann gehört die Aufmerksamkeit seinen Söhnen Juri, 7, und Joe, 10. Dazu kommen noch zwei ältere Söhne - Stichwort Patchworkfamilie. Das Haus, in dem sie wohnen, steht in Ahrensburg. "In Volksdorf konnten wir uns das nicht mehr leisten", sagt Claussen mit einem verschmitzten Lächeln. Er ist Künstler.

Joja Wendt, der Entertainer, Pianist und Schwiegermutterschwarm, ist allemal populärer als er. Auch Stefan Gwildis, Hamburgs Soul-Bruder, füllt mit schwarzer Stimme und deutschen Texten die Konzerthallen allein. Aber Rolf Claussen? Er ist der dritte Mann bei den Söhnen Hamburgs.

Unter diesem griffigen Namen sind die drei unterschiedlichen Künstler bisher dreimal aufgetreten, die Idee dazu kam Gwildis bei einer Geburtstagsparty. Die Anlehnung an die 14 Sänger starken Söhne Mannheims ist klar, der Unterschied auch: "Wir nehmen uns nicht so ernst, und wir nehmen auch die Sache nicht so ernst", sagt Rolf Claussen. Das hat dem Publikum im Januar bei der Premiere in der Laeiszhalle Spaß gemacht, und es soll allen Beteiligten morgen im Stadtpark mindestens genauso viel Freude bereiten. Wofür Rolf Claussen dabei steht? "Für die Zwischentöne, und ich hoffe, dass die beiden sich vertragen, die zwei Diven ..."

Spaß ist ein Faktor, der Claussen im Leben immer wichtig war. Und das bereits, bevor der Schüler aus Hamburg-Marienthal den Barmbeker Jung Stefan Gwildis auf dem Wandsbeker Matthias-Claudius-Gymnasium kennenlernte. Gwildis, Sohn eines Reifenhändlers, drehte im Jahr vor beider Abitur eine Ehrenrunde.

Claussen studierte anschließend Sonderschulpädagogik, merkte aber bald, dass "ich mit der Uni nicht so viel anfangen kann". Stattdessen spielte er mit seinem Schulfreund Ende der 70er-Jahre bei den ersten Alstervergnügen (damals noch weitgehend fressbudenfrei) in den Colonnaden Straßenmusik; auch Joja Wendt war mit seinem rollenden Klavier Teil dieser Szene, die sich ebenso am Großneumarkt traf. Claussen wirkte beim Klecks-Theater mit, gründete mit Gwildis 1982 das Musikduo Aprillfrisch und hatte mit der Eröffnung des Schmidt-Theaters 1988 zumindest zeitweise ein künstlerisches Dach über dem Kopf. "Wuttke II - am Arsch der Welt" und "Vanessa V - Piraten der Liebe", die komisch-klamaukigen norddeutschen Musicals des Kollektivs Aprillfrisch-Mägädäm-Schwarz, waren Publikumserfolge - weil sie so schön unperfekt waren.

Aus dem Unperfekten machte Claussen was. Seit 1997 improvisiert er als Ensemble-Mitglied des populären Hamburger Improtheaters Hidden Shakespeare regelmäßig auf der Bühne. Und im Oktober wird er an der Seite Christian von Richthofens in den Fliegenden Bauten in der Vocal-Percussion-Comedy-Show "AutoAuto!" mal wieder schrottreifen Opel Kadetts Töne entlocken. Ihm ging es, so versichert Claussen glaubhaft, nie vordergründig ums Geldverdienen. Eine Schauspielausbildung hat er nie genossen. Auch dass der heute 51-Jährige seit fast 30 Jahren einer der drei Geschäftsführer von Pappnase & Co. ist, dem Laden für Straßenkünstler, Akrobaten und schräge Geschenkartikel an der Grindelallee, habe sich halt so ergeben.

Und seine Instrumente? "Beherrschen tue ich keines", gibt Claussen zu. Aber er spielt leidlich Gitarre und Klavier. Wenn der kleine Anarcho im Duett mit Gwildis auf der Bühne zusätzlich Bälle jongliert, freut ihn das wie ein Kind. Und zu dem einen oder anderen spöttischen Lied reicht es auch noch: Vor gut drei Jahren schrieb Claussen mal eines über die Elbphilharmonie - heute aktueller denn je.

Mit Gwildis will er morgen nicht nur auf Joja Wendts Klavier steppen und eine halb-punkige Version von Peter Igelhoffs 30er-Jahre-Schlager "Inge" singen. Die beiden Schulfreunde werden - unterstützt von einer kleinen Band und dem großen Damenlikörchor - den ehemaligen HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher alias "Dr. No" auch mit einem eigenen Lied jagen. Titel: "Hau ab, du stinkst." Was zeigt: Es kann bei Claussen auch mal böse enden.

In jedem Fall ist er keiner, der die Bühne für sich allein braucht. "Ich bin eben ein Gruppenmensch, ein Zuspieler", sagt Rolf Claussen. "Und vielleicht will ich mich auch nicht festlegen lassen." Luxus eines Lebenskünstlers.

Die Söhne Hamburgs Sa 20.8., 19.00 Stadtpark (S Alte Wöhr), Saarlandstr., Karten zu 35,80 im Vvk.