Ein Kommentar von Thomas Andre

Listen sind etwas sehr Schönes, sie strukturieren die Flut von Erscheinungen und Hervorbringungen aller Art, die unsere Zivilisation produziert. Eine Liste listet, sie wählt aus, verknappt, führt eng, entscheidet, regiert, veredelt, kanonisiert. Die Buchbranche hat zuletzt diverse Preise eingeführt, die ihre besten Erzeugnisse prämieren. Weil so ein Wettbewerb aber nie nur einen Titel bekannt machen soll, wird er ein bisschen aufgepumpt. Anders ausgedrückt: Es gibt Wasserstandsmeldungen.

Für die besten Romane in deutscher Sprache, die im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet werden, gibt es die sogenannte Longlist. Sie versammelt die 20 besten Romane des Jahres, ausgewählt von Kritikern und sonstigen Lesern. Longlist ist eigentlich ein blödes Wort, es hat sich aber halt so eingebürgert. Longlist ist unter Buchmenschen eine Parole.

Man ruft sie sich zu auf den virtuellen Fluren: den Newslettern, Kulturportalen und Verlags-Homepages. Zumindest wenn man Internet-Kaufhäuser besucht, sieht man auch, dass die gleichsam für die nächste Runde qualifizierten Autoren wie Jan Brandt, Wilhelm Genazino, Peter Kurzeck, Michael Buselmeier, Klaus Modick, Ludwig Laher und Astrid Rosenfeld durch ihr Auftauchen in der langen Liste noch nicht wirklich viel gewonnen haben.

Dafür muss man auf die "Shortlist". Die Shortlist ist noch wählerischer als die Longlist. Sie verengt die Perspektive mächtig. Sie ist mächtig. Parole Shortlist, das bedeutet: noch mehr los in allen Online-Kanälen. Wer shortgelistet ist, verkauft wirklich mehr Bücher. Am 14. September wird die sechs Titel kurze Shortlist benannt. Dann sind auch alle Longlist-Romane im Handel. Gut die Hälfte ist noch gar nicht veröffentlicht.