Der Show-Titel “Tango Seducción“ hält, was er verspricht, und verführt das Publikum im Zelt der Fliegenden Bauten

Hamburg. Der Tango sagt alles. Auf leerer Bühne braucht es nur die Tänzer und Musiker, um Geschichten von Lust und Leid der Liebe zu erzählen. Gustavo Russos Show "Tango Seducción" im Zelt der Fliegenden Bauten hält, was der Titel verspricht. In wechselnden, stets glitzernden, hoch geschlitzten und tief ausgeschnittenen Roben werfen sich die Frauen in die Arme ihrer geschniegelten Partner, um virtuose Beinhakeleien, flinke Pirouetten und gewagte Würfe vorzuführen - und zu verführen. Auch das Premieren-Publikum ist hin und weg.

Zu den Wurzeln des Tango argentino, der auf der Straße und in verräucherten Spelunken entstand, führt der Choreograf in den Genreszenen des ersten Teils. Er zappt von der verqualmten Milonga-Bar mit freizügigen Frauen und ihren Freiern zu den 20ern, mischt den Tango mit Charleston, dann mit Rumba und Samba auf.

Auch Astor Piazzollas experimentelle Tangos sind zu hören. Zu den Höhepunkten zählen der "Tod eines Engels" oder "Adios noñino" mit den Soli des Pianisten Juan P. Santocono, der Geigerin Estefania Corsini und des Bandoneonspielers Oscar González. Der Gitarrist Alejandro Sancho und der Bassist Roberto Santocono komplettieren die klassische, von Piazzolla eingeführte und hier fabelhaft aufspielende Fünfer-Tangokapelle. Russos bewusster Stilbruch mit der eingespielten Schicksalshymne "O Fortuna" aus Carl Orffs abgedroschenen "Carmina burana" stört da nur. Der Tango hätte doch genügend Dramatik und scharfen Rhythmus für die ohnehin zu reißerische Messerstecherei aus Eifersucht. Funktioniert doch in den anderen Männerduellen auch perfekt. Da gebärdet sich Russo - nun mit offenen, langen Haaren - absatzknallend und stampfend - wie früher der Flamenco-Teufel Joaquín Cortés.

Konzentriert sich der schnittige Tango-Startänzer und Choreograf auf sein ureigenes Metier, ist Gustavo Russo brillant. Klasse das Duo des blinden Vertrauens von Omar Cacérez und Silvia Fuentes mit verbundenen Augen. Russos Partnerin Samantha Garcia springt in den Spagat, kreiselt schlangengleich in riskanten Hebungen durch die Luft. Sie gibt im Reigen der Liebespaare eine Begehren und Unheil schürende Verführerin, überzeugt als Femme fatale des Tangos, auch ohne dass sie ihr Top abstreifen müsste. Der Abend ist erotisches Vergnügen pur.

Tango Seducción bis 14.8., Fliegende Bauten, Karten unter der Ticket-Hotline T. 881 411 880; www.fliegende-bauten.de