Begeisterter Applaus: Humperdincks “Hänsel und Gretel“ kam beim Publikum der Eutiner Festspiele sehr gut an - dem Dauerregen zum Trotz.

Eutin. Am Ende gab's begeisterten Applaus vom kleinen Publikum; die Premiere von "Hänsel und Gretel" auf der Open-Air-Bühne im Eutiner Schlossgarten hatte gut gefallen. Und ein richtiger Opern-Fan lässt sich von dem bisschen Regen - zarter Niesel zu Beginn und starker Guss zum Finale - die Stimmung nicht verderben. Oper im Feuchtgebiet ist eben eine Sache von richtiger Kleidung, von Tüchern, um den Schalensitz trocken zu feudeln, und norddeutscher Lebensart. Auch hätte ein Glühwein in der Thermosflasche da sicher geholfen.

Ein harter Kern von 350 Zuschauern war im zweiten Anlauf zur Premiere gekommen, nachdem am Freitag allzu heftige Regengüsse zur Absage zehn Minuten vor Beginn geführt hatten. Nun saß das Studenten-Orchester aus Amerika unter der festen grünen Plane, auf die fast durchweg die Tropfen trommelten, und eröffnete mit dem "Abendgebet"-Motiv der Hörner Engelbert Humperdincks Märchenoper im Wagner-Stil.

Die gute Nachricht gleich vorweg: Wer erwartete, dass man ohne die Hamburger Symphoniker im Orchestergraben die Eutiner Festspiele vergessen könne, hatte sich getäuscht. Das KU Symphony Orchestra aus der Eutiner Partnerstadt Lawrence im Bundesstaat Kansas spielte auf vollen Wohlklang; abgesehen von wenigen Kieksern bei den Bläsern und einigen nicht ganz lupenreinen Tönen bei den Streichern war das anständige Profiqualität. Vielleicht ein bisschen schärfer im Klang und mit amerikanisch klarem Blech - aber das arbeitete gut gegen den leicht wattierten Klang an, den die Regenplane verursachte.

Rudolf Piehlmayer dirigierte die junge Crew engagiert und leitete die jungen Sänger präzise durch den Abend - ein Opern-Routinier, der dieser Aufführung hörbar guttat.

Die Solisten, aus Amerika mit angereist, überraschten mit starker Bühnenpräsenz, allen voran die aus Korea stammende, sehr mädchenhafte und sehr spielfreudige Etta Fung mit einem kräftigen Sopran, der die Wagner-Anklänge noch weiter verdeutlichte. Genauso wie Knusperhexe Holly White, die als moderne Kinderverführerin mit Konsum und Sex lockte und in einem hübschen Glitterpapier-Feuerwerk verglühen durfte. Alle anderen - Hänsel (Annelize Sussman), Vater (Robert McNichols), Mutter (Kristian Noel Bucy) und Sandmännchen (Ashley Benes) - lieferten eine solide Leistung ab, spielerschwerend war die nasse, kalte und rutschige Bühne.

Die Inszenierung (Jörg Fallheier) im Trash- und Graffiti-Ambiente war bis auf die auch schon mal dagewesene Neudeutung der Hexe eher brav; die 14 Engel im weißen Hemd mit Kerze zum Abendgebet gaben ein anrührendes Bild, und die 20 aus dem Hexenbann befreiten Kinder sorgten für einen quirlig-bunten Schluss. Natürlich spielte nicht nur der Regen mit, sondern an den leisen Stellen auch der Wind, der durch das Laub der Bäume auf der Bühne rauschte. Und schnatternde Gänse und allerliebst flötende Singvögel - das gibt es so nur in Eutin, und es macht das Open-Air-Erlebnis dort einzigartig. Ein Opern-Erlebnis für Kinder und Erwachsene, das man bei etwas sommerlicheren Temperaturen rundherum empfehlen kann.

Auf dem Programm der wieder belebten Festspiele stehen in diesem Jahr außerdem zwei Mozart-Produktionen: "Don Giovanni", ebenfalls in der Inszenierung von Jörg Fallheier, und demnächst noch eine "Kleine Zauberflöte" für Kinder, bei der Sascha Mink Regie führt. Sowie etliche Gala-Konzerte und eine Musical-Nacht.

16 000 Tickets sind bereits verkauft, 20 000 hatte Intendant Jörg Fallheier vor den Festspielen angepeilt, um eine "schwarze Null" schreiben zu können. Die Chancen dafür stehen, einen Hauch von wirklichem Sommerwetter vorausgesetzt, nicht schlecht, das bis zum Festspiel-Ende am 26. August auch zu erreichen. Die Zeichen in Eutin, sagte Geschäftsführer Marcus Gutzeit, stünden jedenfalls auf Fortführung der Festspiele, die ihre finanzielle Schräglage aus dem vergangenen Jahr nach Insolvenz und Neugründung überwunden haben.

Eutiner Festspiele, Bühne im Schlossgarten Eutin. "Hänsel und Gretel": 29.-31. Juli und 6. August, jeweils 21.00. "Don Giovanni": 28. Juli, 5. und 7. August, jeweils 20.30. Die "Kleine Zauberflöte": 15. und 16. sowie 18. und 19. August, jeweils 15.00, 17. August, 18.00.

Das komplette Programm und alle Informationen gibt es unter www.eutiner-festspiele.de . Karten unter T. 04521/800 10