Wie die Eutiner Festspiele wieder ein Kleinod werden könnten. Heute ist Premiere von “Don Giovanni“ im Eutiner Schlosspark.

Eutin. Wenn am 15. August im Orchestergraben der Freilichtbühne im Eutiner Schlosspark die ersten Takte von Mozarts "Don Giovanni" erklingen, die Mücken sirren und die Enten am See in die Abenddämmerung aufgeregt schnattern, ist fast alles wie in den 60 Spielzeiten davor. Und doch ganz anders: Im Graben sitzen zum ersten Mal seit 53 Jahren nicht die Hamburger Symphoniker, sondern das KU Symphony Orchestra aus Eutins amerikanischer Partnerstadt Lawrence in Kansas, ein Hochschulorchester. Die Musiker sind für fünf Wochen angereist, nachdem der neue, alte Intendant Jörg Fallheier ihr Angebot annahm, das die Festspiele am Leben erhalten soll.

Der Wechsel des Orchesters und die Rückkehr des erst 2007 gekündigten Intendanten sind Zeichen für einen Neuanfang, dem das Zerschlagen von reichlich Porzellan vorausgegangen war. Denn Eutin hat zwar Opernfestspiele in einzigartigem Ambiente. Die Ideen aber, wie sie wieder zu einem Festival von weit ausstrahlender Attraktivität werden können, sind rar und werden nicht überall gern gehört.

Zum Beispiel, wenn man in Eutin auch außerhalb der Festspielzeit mit Konzerten die Bühne nutzen will. Geht nicht, denn das ist vertraglich auf 35 Veranstaltungen pro Jahr beschränkt. Jazzkonzerte oder hochkarätige Klassik, die die 1860 Plätze zusätzlich füllen könnten, sind deshalb nicht möglich. So verblassen die Erinnerungen an legendäre Auftritte von Ella Fitzgerald, Dave Brubeck, B.B. King, Oscar Peterson oder Miles Davis am Eutiner See jedes Jahr weiter. Anderes Beispiel: die Festspiel-Gastronomie. Picknick im Park, ein Hauch von Musik-Ferien-Gesamterlebnis - keine Chance. Es gibt auch keine Shuttle-Busse von Hamburg und nach der Aufführung zurück. Eine Überdachung des Zuschauerraums an Regentagen ist derzeit ein Traum.

Die an den wenig wagemutigen Eutiner Verhältnissen gescheiterten Management-, Opern- und PR-Profis lecken noch ihre Wunden, von ihnen wird nachgefordert oder sie warten auf den Ausgleich unbezahlter Rechnungen und auf die juristische Abarbeitung des Scherbenhaufens der Insolvenz der alten Festspiel-GmbH vom vergangenen Jahr. Die Stadt selbst ärgert sich über eine Million Euro, die sie für 2008 und 2009 nachschießen musste.

Jörg Fallheier und der neue Geschäftsführer, der Eutiner Gastronom Marcus Gutzeit, wollen nach vorn blicken und erst mal eine Saison mit einer schwarzen Null am Ende hinbekommen. Nach dem letzten Konzert will Fallheier entscheiden, ob er für eine nächste, mit vernünftigem Vorlauf planbare Saison bleibt.

Fallheier, der aus Bad Tölz anreist, inszeniert den "Don Giovanni" (Premiere, heute 20.30 Uhr) und passt die aus den USA mitgebrachte Märchenoper "Hänsel und Gretel" (Premiere 22.7.) an die Eutiner Bühne an. Sascha Mink führt Regie bei der "Kleinen Zauberflöte" (Premiere, heute 15 Uhr) für Kinder, ebenfalls auf der großen Bühne. Dazu kommen die Eutin Classic Night (10.8.), drei Musical-Nächte (12./13./14.8.), drei Gala-Abende (26./27./28./8.).

Fallheier setzt darauf, dass diese Saison die Entscheider in der Stadt überzeugt, dass Festspiele, richtig angepackt, nicht nur kosten, sondern ein Wirtschaftsfaktor für die ganze Region werden können. Der Einsatz ist überschaubar: 80 000 Euro vom Land, 30 000 vom Kreis, 75 000 von der Stadt und 75 000 von Sponsoren. Der Gewinn wäre gewaltig: Falls der Plan des Intendanten aufgeht, könnten die Festspiele im romantischen Eutiner Schlosspark bald wieder ein Kleinod auf der kulturellen Landkarte des Nordens sein.

Don Giovanni , 20.30, Schlosspark Eutin, Karten zu 8,80 bis 59,90 unter T. 04521/800 10; www.eutiner-festspiele.de