Was ist der Unterschied zwischen einer Geige und einer Bratsche? Tabea Zimmermann spricht es auf offener Bühne aus: "Die Bratsche brennt länger." Wirft den schwarzlockigen Kopf in den Nacken und lacht schallend. Und das aus dem Mund einer Bratschistin! Zimmermann ist die bedeutendste Vertreterin ihrer Zunft - ein Weltstar, müsste man sagen, würden derlei Plattitüden ihr auch nur entfernt gerecht.

Auch nach fünf Konzerten als "Artist in Residence" bei den Elbphilharmonie-Konzerten ist nicht ausgemacht, womit die 44-Jährige ihr Publikum mehr behext, mit ihrer Natürlichkeit oder ihrem Spiel. Selbst das hochvirtuose Bratschenkonzert von Bartók verwandelt sich unter ihren Händen in eine Geschichte. So lebendig, so innig erzählt sie die Musik, als gäbe es soetwas wie technische Schwierigkeiten nicht. Verbeugt sich, tritt ab und ist wenig später in Jeans und Pullover im Gespräch anzutreffen. Da mag es um Kinder gehen (sie selbst hat drei) oder um Studienfreunde (die hat sie in nahezu jeder Stadt) - nur nicht um sie selbst.

"Die Bratsche hat mich geprägt", sagt Tabea Zimmermann. Die größere Schwester der Geige kann sich im Ensemble einfügen, sogar die Basslinie spielen. Sie kann auch strahlen wie eine Geige, aber das tut sie nur selten. Da verwundert es nicht, dass Zimmermann mit Vorliebe Kammermusik macht oder mit ihren Schülern im Ensemble spielt. Denn sich in den Mittelpunkt zu drängen, das hat sie nicht nötig. Sie leuchtet auch so.