Der Einstellungsraum in Wandsbek ist die Galerie der Woche. Hier zeigt Andrés Galeano seine Arbeiten übers Fliegen und den Fliegenden.

Einstellungsraum. Im Raum herrscht ein Gezwitscher, als hätte man sich in einer riesigen Volière verirrt. Unaufhörlich füllt der aufdringliche Vogelgesang den kleinen Raum an der Wandsbeker Chaussee.

Überraschenderweise ist es jedoch nur ein einziger Kanarienvogel, einer der Rasse Harzer Roller, den die Besucher der Galerie Einstellungsraum hören. Noch überraschender ist es ein menschlicher mit kanariengelbem Pulli und hektischen Kopfbewegungen. Auf einem Monitor lässt Andrés Galeano seinen Kopf in alle Richtungen rotieren, spitzt Mund und Lippen, pfeift. Das klingt täuschend echt, ist aber menschlich, allzu menschlich.

Andrés Galeano, geboren 1980, ist Künstler, Performance-Künstler, Kurator und vor allem seit Jahren fasziniert von allem, was sich unter Begriff und Bild des Vogelmenschen sammeln lässt - vom Engel über gefederte Schamanen, kleinen Enten bis zu Raketen und was sich sonst noch realiter oder imaginär in die Lüfte wagt. Dass der Künstler Spanier ist, hört man zwar an seinem Namen, nicht an seinem Vogelgezwitscher, mit dem es andererseits eine besondere spanische Bewandtnis hat.

So ist es in Galeanos Heimat gute Tradition, sich zur allgemeinen Freude nach Feierabend gegenseitig Käfige mit singenden Kanarienvögeln vorzuführen. Tradition ist ebenso der Versuch, den Vogelgesang zu transkribieren. Dass dies gelingt, beweist nun Galeano mit seinem Nachzwitschern der Harzer-Roller-Sprache. Der Trick dabei ist das nachträgliche Abspielen seiner Lektüre in zehnfacher Geschwindigkeit, im Zeitempfinden der Vögel, die verglichen mit dem Menschen in einer beschleunigten Zeit leben. Solch hektischen Nachahmungen gegenüber wirken Galeanos weitere Arbeiten - Videos, Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien - geradezu wie eingefrorene Momente des Vogellebens.

Mit viel Sinn für die große weite Symbolik vom Fliegen und den Fliegenden hat er in den vergangenen Jahren ein Archiv mit Vogel- und Flugbildern aufgebaut. Er hat außerdem assoziative Bildertafeln erstellt wie zum Beispiel eine Collage mit weiblichem Flugpersonal, das sich um den Chefpiloten gruppiert wie Hennen um den Hahn.

Solcher Anhimmlung hat Galeano noch eins draufgesetzt. Das Haupt des Piloten auf dem Foto überklebte er mit dem Bild eines Häuptlings mit prachtvoller Federkrone. Nebenan hebt der Gekreuzigte persönlich mit großer Silvesterrakete auf dem Rücken zur Himmelfahrt an - Jesus in seiner Eigenschaft als Vogelmensch.

Zu sehen und zu hören sind Galeanos Vogelmenschen im Einstellungsraum in Wandsbek. Der als Verein geführte Künstlerraum widmet sich thematisch ganz dem Phänomen der Kunst im Straßenverkehr, im Besonderen der Automobilität. Jedes Kalenderjahr steht dabei unter einem besonderen Motto, das laufende unter "Autos fahren keine Treppen". Galeanos vertikale Mobilität aber überfährt solch kantige Wegführung wahrlich spielend leicht.

Andrés Galeano: Himmelfahrten/Installation bis 15.7., Do-Fr 17.00-20.00, Einstellungsraum e.V. für Kunst im Straßenverkehr, (U Wartenau), Wandsbeker Chaussee 11; www.einstellungsraum.de

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