Das Kaltstart-Festival bietet dem Publikum massig Perspektiven - und macht Hamburg bis Anfang Juli zur Hochburg für den Theaternachwuchs.

Haus III&70. Das Los der meisten Nachwuchsregisseure sind Provinztheater und Studiobühnen. Auf den künstlerischen Nebenschauplätzen dürfen sie sich häufig mit jungen Schauspielern an Stücken neuer Autoren erproben. Gelingen diese Versuche in den Kulturzentren Berlin, Hamburg, München oder Wien, sind die Chancen besser, die Aufmerksamkeit von Dramaturgen oder Theaterleitern zu erringen. Aber wer kommt schon nach Anklam oder Paderborn, um die Inszenierung eines jungen Talents zu begutachten?

Der Regisseur und Kulturmanager Falk Hocquél kannte diese Probleme aus eigener Erfahrung. Deshalb ergriff er vor sechs Jahren mit jungen Kollegen die Initiative und gründete das Kaltstart-Festival im Haus III&70 in der Schanze. "Wir wollten eine Möglichkeit bieten, Studio-Produktionen des Regienachwuchses an den deutschsprachigen Stadttheatern auf unserer Plattform zu zeigen", beschreibt Hocquél das Konzept. "Kaltstart soll neben der Präsentation aber auch als Forum für Austausch und Vernetzung dienen und über Trends im jungen Theater informieren." 2009 haben sich dann das Finale und Fringe angeschlossen, die Werkschau der Theaterakademie und das Podium für Produktionen aus der freien Szene. Dazu kamen noch YoungStar und aktuell die von vier Dramaturginnen der Theaterakademie am 18. und 19. Juni organisierte Autorenlounge für neue Stücke.

Beim Kaltstart 2007 zeigte Alexander Riemenschneider, damals Regiestudent an der Theaterakademie, sein Studienprojekt 2 "Mit dem Feuer spielen" nach August Strindberg. Er hat nach seiner Diplominszenierung "Caligula" den Sprung ins Junge Schauspielhaus geschafft ("Von Mäusen und Menschen", "Die Gerechten") und kehrt zum Auftakt des Festivals am Pfingstmontag mit seiner Inszenierung von Peter Handkes "Kaspar" (13.6., 20.15 Uhr, Haus III&70) am Bonner Theater in die Schanze zurück.

Sarantos Zervoulakos, Absolvent des Max-Reinhardt-Seminars Wien, ist noch in guter Erinnerung vom letzten Jahr. Der griechische Newcomer hatte in der Juli-Hitze mit Franzobels triebgeladenem Trio "Liebesgeschichte" den Saal zum Sieden gebracht und wurde von Schauspieldirektor Jan Linders nach Heidelberg geholt. Zervoulakos gastiert nun mit Theater und Orchester Heidelberg und seiner Bühnenfassung des Steinbeck-Romans "Jenseits von Eden" (16.6., 20.30 Uhr, Haus III&70). Ein Wiedersehen gibt es auch mit Karoline Behrens, nun am Deutschen Theater Berlin: Sie zeigt ihre Szenencollage nach Michel Houellebecqs Reiseroman "Lanzarote" mit dem Frankfurter Schauspiel (19.6., 20 Uhr, Haus III&70).

"Kaltstart unterstützt beim Übergang vom Studium in den Beruf, in dem es die Nachwuchsarbeiten im Überblick vorstellt und sich als Fachmesse für Kulturstudierende und Theatermacher etabliert hat", sagt Hocquél. Das Interesse und die Kooperation der Stadttheater hätten sich intensiviert, darum habe er den Festivaltermin vom Juli in den Juni vorverlegt. "Es sind noch keine Theaterferien, sodass es einfacher ist, die Produktionen einzuladen."

Rund 80 Aufführungen sind erstmals in drei Wochen bis 2. Juli unter dem Kaltstart-Label an neun Spielstätten zu sehen. Auch Open-Air-Vorstellungen sind vom Fringe geplant, und YoungStar zeigt sein choreografisches Projekt "Fly Society" mit Parcoursläufern im Flora-Park. "Wir haben den dicht gedrängten Spielplan räumlich und zeitlich entzerrt, sodass man mehrere Aufführungen besuchen kann", sagt Thimo Plath, der künstlerische Leiter von Kaltstart pro. Ihm stehen zwei weitere Etagen im Kulturhaus II&70 zur Verfügung, sodass er alle Inszenierungen am Schulterblatt zeigen kann.

Das von den Theaterakademie-Studenten selbstständig organisierte Programm des Finale-Festivals geht dann in der letzten Woche über die Bühne in den Zeisehallen. Kaltstart macht bis Anfang Juli Hamburg zur Hochburg für den Theaternachwuchs.

Kaltstart-Festival . bis 2.7., Zentrum Haus III&70 (S/ U Sternschanze), Schulterblatt 73, Einzelkarten 4,- bis 11,-, Kombiticktes für drei Vorstellungen 24,-, erm. 15,- und fünf Vorstellungen 40,- , erm. 25,-; die 10er-Goldkarte kostet 100,-; Reservierung (bis 12 Uhr) unter T. 42 83 84 165 oder per E-Mail: tickets@kaltstart-hamburg.de ; Vorverkauf am Kiosk III&70 (täglich bis 17 Uhr); www.kaltstart-hamburg.de