Auf einem Parkhaus neben dem Gruenspan entsteht ein Gartendeck. Jeder kann mithelfen und auch die Ernte aus dem mobilen Beet gehört allen.

Hamburg. In der Großen Freiheit ist man vieles gewohnt. Aber eine solche Prozession hat man hier noch nicht gesehen - ein langer Zug mit Rollwagen, Kisten und einem Gewächshaus vorneweg bewegte sich am Wochenende durch Hamburgs Amüsiermeile. Die Demonstranten: selbst gezogene Setzlinge von Kürbissen und Gurken, Radieschen, Kartoffeln und Kräutern. Getragen von Mitarbeitern des Internationalen Sommerfestivals Hamburg und Helfern aus der Nachbarschaft.

Mancher Anwohner staunte nicht schlecht. "Wo wollt ihr denn damit hin?" Über die Reeperbahn ging's vorbei an knatternden Harley-Fahrern. Nach einer guten halben Stunde war das Ziel erreicht: das Dach des Parkhauses neben dem Gruenspan. Hier entsteht das Gartendeck. Ein temporärer, mobiler, offener Garten für alle.

Das kleine urbane Gärtnerglück, es blüht von New York bis Berlin. Entsprang das ursprüngliche Vorbild, die "agricultura urbana" auf Kuba, den Versorgungsengpässen der real sozialistischen Mangelwirtschaft, so dient sie hier als soziale Kontaktbörse und gelebte ökologische Sozialutopie. Vergleichbar den erfolgreichen Prinzessinnengärten in Berlin-Kreuzberg soll ab sofort auch das Gartendeck in Hamburg für selbst gezogene Nahrungsmittel, vor allem aber für Austausch unter den Gärtnern sorgen.

Mitten in der Stadt können Interessierte auf lokaler Ebene Lebensmittel produzieren und gemeinschaftlich den Garten gestalten. In einem Gewächshaus bei der St.-Pauli-Kirche, gut versteckt vor aufdringlichen Blicken, wuchs das zarte Grün im Verborgenen heran. Knapp 2500 Setzlinge kämpften sich hier über einen Monat unter wohltemperierten Bedingungen ans Licht. Einige legten so viel Tempo vor, dass sie notdürftig in ein Beet ausgelagert werden mussten. Das Grün sprießt aus Reissäcken, Bäckerkisten und Milchtüten. Die Beete bleiben mobil, sodass der Garten jederzeit umziehen kann.

Träger sind alle Interessierte, die dort gärtnern. Auch die Ernte gehört allen. Hobbygärtner und Anfänger können sich hier um die Pflanzen kümmern, Kenntnisse austauschen, eine Atmosphäre der Ruhe in der ursprünglichen Arbeit am Beet genießen, den Wechselfällen der Elemente ausgesetzt.

In dieser Woche sind helfende Hände willkommen, um ab Mittwoch ganztägig die Parkhausdecke mit Bautenschutzmatten zu versehen. Ab dem 2. Juli beginnt voraussichtlich der Beetaufbau. In Berlin wird die Ernte in einer Gastronomie vor Ort verkocht. Wer weiß, was aus dem Gartendeck entsteht. Alles ist möglich. Es hängt allein von den Gärtnern ab.

Gartendeck Aufbau Mi-Fr ganztägig, Spaten etc. bitte mitbringen, Pflege und Planung Di, Do 16.00-21.00, Sa 14.00-19.00; Parkhaus St. Pauli, Große Freiheit 62-68; www.gartendeck.de