Chilly Gonzales, Grandseigneur des Pianos, mischt mit

Kampnagel. Chilly Gonzales ist neben Helge Schneider wohl der Einzige, der Humor, Klavier und Geist so zusammenbringt, dass etwas Hörbares dabei herauskommt. Was für den Ruhrpott-Entertainer der Jazz, ist dem Kanadier der Rap. Auf seinem aktuellen Album "The Unspeakable Chilly Gonzales" bemüht Gonzales gleich ein ganzes Orchester. Na ja, fast. Nach Auskunft des Künstlers ist es ein großes Fake-Orchester. Alles schön aus der Elektronik von seinem Bruder, dem Hollywoodkomponisten Christoph Beck, abgemischt.

Egal. Vor wuchtiger Orchesterkulisse rappt der Pianist und Komponist jedenfalls allerlei Selbstbezogenes und Freches vom Feinsten. Etwa in dem Song "Who wants to hear this". Oder er kündigt in "Self Portrait" an, sein Konterfei zu vernichten. Das ist natürlich eine große Portion Show. Chilly Gonzales, der die Rechte an seinem Namen einem Mexikaner entlieh, ist zwar ein aufrechter Könner im Geiste eines Monk, Mingus und Morricone. Aber er liebt auch die Attitüde der Rapper, ihren ehrlichen Selbsthass, diese Arroganz des Breitbeinigen aus einer Unsicherheit heraus.

Dabei hat der studierte Jazz-Pianist seit zehn Jahren keinen reinen Rap mehr gespielt. Stattdessen nahm er 2007 das Klassik-Album "Solo-Piano" auf. Zuletzt irritierte er seine Anhänger mit einer leichtgängigen Disco-Verliebtheit von "Soft Power" und versponnenen Soundexperimenten in "Ivory Tower". Und alles nur, weil er Angst hatte, bei einem Rap-Album ohnehin nur als Parodie rüberzukommen. Chilly Gonzales sagt von sich, er sei kein Genie, weder im Rap noch im Geschmack oder in der Mode. Im technischen Arrangement, da sei er wirklich überragend. Das ist, zugegeben, sehr kokett. Immerhin hält Gonzales nach einem Konzert von 27 Stunden Dauer den Rekord im Pianospielen. Und er hat Helge Schneider erfolgreich zu einem Piano-Battle bewegen können, auch wenn nicht ganz klar ist, wer tatsächlich gewonnen hat. Wenn er am 28. Juni auf der Kampnagel-Bühne steht, wird er zumindest eine Handvoll auf der Straße aufgelesener Streichmusiker mitbringen. Aber auch das dürfte wieder mal eine Untertreibung sein. Eben typisch Gonzales.

Chilly Gonzales Di 28.6., 20.00, Kampnagel (Bus 172, 173), Jarrestraße 20, Karten ab 32,50 im Vorverkauf; www.chillygonzales.com