Es ist knapp 16 Uhr, als die unverkennbare Stimme von Martin Semmelrogge aus dem Telefon knarzt. Er ist gerade erst aufgestanden, es war spät am Sonntagabend. Aber eine erfolgreiche Premiere will schließlich gefeiert werden. Im Stück "Enron" spielt er den windigen Finanzchef Andrew Fastow, steht im Anzug auf der Bühne der Hamburger Kammerspiele; gefühlt hat er sich aber "wie im Boxring".

So groß war die Anspannung - und so groß ist auch seine Erleichterung darüber, dass alles gut gelaufen ist. Denn das Theaterspielen sei ganz anders als das Spiel vor der Kamera, sagt er, viel direkter und anstrengender. Aber danach, wenn alle klatschen, "das ist schon geil". Das schiefe Grinsen, das ihn zusammen mit seiner charakteristischen Kodderschnauze berühmt gemacht hat, kann man sich dabei lebhaft vorstellen.

Für ein paar Stunden ein anderer Mensch werden - dieser Herausforderung stellt sich der 55-Jährige, Sohn des Schauspielers und Regisseurs Willy Semmelrogge, seit mehr als 40 Jahren. Mit zwölf begann er als Hörspielsprecher. Die Leidenschaft gab er an seine Kinder weiter. Sohn Dustin, 30, und Tochter Joanna, 20, sind Schauspieler geworden. Gute Familientradition also - zur Freude von Martin Semmelrogge. Schließlich kann er sich nichts anderes vorstellen, als zu schauspielern.

"Die Arbeit, das ist mein Leben", poltert es aus dem Hörer. Semmelrogge klingt glücklich.