Die amerikanische Popsängerin Britney Spears singt auf ihrem neuen Album “Femme fatale“ zu fetten Beats von ihrem Lieblingsthema: Sex.

Hamburg. Nur beim ersten Hördurchgang klingt das neue Album der amerikanischen Popsängerin Britney Spears schrecklich billig und anbiedernd. Schon beim zweiten Hören, wenn man sich an Britneys durch den Vocoder gepresste Stimme und den konsequent marschierenden Beat gewöhnt hat, erscheint "Femme Fatale" in einem anderen Licht. Das morgen erscheinende siebte Album der 29-Jährigen, deren Karriere trotz privater Kapriolen nur etwas gelitten hat, darf man mindestens als interessant bezeichnen.

Manche könnten es auch aufregend finden. Nämlich die, die den mal gefälligeren ("Baby One More Time"), mal dreckigeren Pop ("Toxic") und die vielen Balladen von Britney Spears bislang nur aus dem Radio kennen. Airplay wird sie mit den Dancefloor-Knallern ihres neuen Albums nicht mehr auf jedem Sender bekommen: "Femme Fatale" ist elektronisch, künstlich und tanzbar. Die Beats sind fett, das Album ist komplett balladenfreie Zone. Sicherlich waren die Alben der Spears immer schon Produzentenwerke, die auf der Projektionsfläche der jungen Frau als tanzendem und singendem Sexsymbol den Zeitgeist zum Tanzen brachten. So deutlich wie auf "Femme Fatale" war der Einfluss der verschiedenen Produzenten aber noch nie, sie heißen zum Beispiel Dr. Luke oder will.i.am und gaben sich bei den Aufnahmen die Klinke in die Hand.

In mancherlei Hinsicht ist der Einzug Britneys in die Disco (am gelungensten im wirklich guten "Trip To Your Heart") folgerichtig. Madonna hat das einst vorexerziert, als sie sich mit dem von William Orbit produzierten "Ray Of Light" neu erfand. Britney Spears, die weltweit in den vergangenen zwölf Jahren 67 Millionen Platten verkaufte, hat sich immer schon an der Popikone orientiert, zuletzt lehnte sie sich mit "Circus" an den Madonna-Sound von "Hard Candy" an. Im Kampf der Pop-Diven ist zuletzt ja eine weitere Global Playerin auf den Plan getreten. Der Erfolg von Adeles zweitem Album "21", das auch in Amerika auf Platz eins der Charts einstieg, ist phänomenal. Das konnte Britney Spears zumindest in Deutschland nicht mehr von sich behaupten. Ihre deutschen Fans kauften das Ende 2008 erschienene Album "Circus" nur noch etwa 100 000-mal.

Was nichts daran ändert, dass die Künstlerin, der man wohl wirklich das Adjektiv "gereift" voranstellen kann, ihren Sound weiterentwickelt. Natürlich ist der Weg von tanzbarer Popmusik zu fiependem Elektro nicht weit, und trotzdem ist die Wahl eines neuen Stils immer ein Wagnis. Dafür gebührt Britney Spears Respekt: Sie hat die Koordinaten, in denen sich ihre formalen Entscheidungen abspielen, in der zweiten Hälfte ihrer Karriere mehr oder minder deutlich verschoben.

Sie singt allerdings bevorzugt immer noch vom selben: der Praxis des Geschlechtsakts und seiner Anbahnung. "If you know what it takes to be my man / we can go make love together / you can be my thug tonight / we can tear it up tonight" - ach, so ist das also.

Aber über was soll sie sonst singen in der Disco, diesem Ort der Ausschweifung und des Hedonismus? Von der Erziehung ihrer Kinder und dem täglichen Body-Workout?

Britney Spears: Femme Fatale (Sony)