Regie-Diplomanden der Theaterakademie Hamburg inszenierten auf Kampnagel und reflektierten dabei ästhetische Trends und formale Vielfalt.

Hamburg. Die Regie-Schauspieldiplome 2011 haben es wieder aufschlussreich bestätigt: Die Arbeiten der Nachwuchsregisseure an der Hamburger Theaterakademie reflektieren die ästhetischen Trends, die formale Vielfalt und die den einzelnen Künstler beschäftigenden Fragen.

Ivna Zic beendete am Wochenende in der Kampnagelfabrik die Inszenierungsreihe mit ihrer Bühnenbearbeitung von Ivana Sajkos Roman "Rio Bar". Am Schicksal einer Frau zeigt die kroatische Autorin die individuelle Zerstörung, die Krieg in den Menschen anrichtet. Zic hat ein einfaches, doch prägnantes Bild dafür gefunden: Der riesige Würfel auf der Bühne zerbirst (Bühne: Martina Mahlknecht). Sechs Performer übernehmen die Rolle der Heimatlosen, spielen mit den Wandstücken und Rollenwechseln beim direkt an die Zuschauer gerichteten Erzählen. Das Manko von Zics Inszenierung: Sie hat den schwierigen Text nicht auf einige zentrale Aspekte konzentriert und lässt ihre Akteure zu viel herumrennen. Aber: Ein aufgeregt-chaotischer Szenenverlauf vermittelt wenig vom inneren Chaos einer zerstörten Psyche.

Dem Thema des Krieges stellten sich auch Zics Kollegen. Christopher Rüping entfesselte in "Jekyll/Hyde" den Kampf zwischen Gut und Böse in einer Person nach Robert Louis Stevensons bekanntem Roman. Das Bühnenbild von Jonathan Mertz demonstrierte plastisch die äußere Auflösung einer inneren Ordnung, die sich aber im Spiel wenig gefährlich zeigte.

Ein Problem auch bei Anne Sophie Domenz. In Kleists "Penthesilea" ging die "Macht der Bilder" (Bühne: Saskia Senge) eindeutig auf Kosten der "Macht der Wörter". Die Balance zwischen Bild, Text und komödiantischem Spiel gelang am ehesten Paul-Georg Dittrich in seiner frechen Dekonstruktion der Offenbach-Operette "Die Banditen" beim Wirtschaftskrieg im Mafia-Mileu. (-itz)