Leipzig. Der Preis der Leipziger Buchmesse steht stets im Mittelpunkt des ersten Tages der Messe. Er ist mit 15 000 Euro dotiert. 131 Verlage hatten diesmal 480 Titel eingereicht. Der Preis für Belletristik geht in diesem Jahr an Clemens Setz für seinen Erzählungsband "Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes". Den Ausschlag geben, so die Jury, "die Kühnheit der Konstruktion, die Eigenwilligkeit der Sprache und die Konsequenz des Konzepts". In der Kategorie Sachbuch gewann Henning Ritter mit seinen "Notizheften", Barbara Conrad bekam den Übersetzerpreis für "Krieg und Frieden".

Es gibt den schönen Begriff des "Wunderkindes", gerne wird er auf junge Menschen angewandt, die sich in einer Sache außerordentlich hervortun. Clemens J. Setz ist so ein junger Mensch. 1982 in Graz geboren, hat Setz bereits zwei hochgelobte Romane veröffentlicht ("Söhne und Planeten", "Die Frequenzen"). 2009 stand er auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

Der ganz große Triumph blieb ihm damals noch verwehrt. Jetzt bekommt er mit dem Preis der Leipziger Buchmesse einen anderen wichtigen Preis.

Für leichte Kost haben sich die Juroren damit nicht entschieden. Sie zeichnen einen hochtalentierten Erzähler aus, der mit seinen Stoffen das Böse in der menschlichen Natur auslotet. In seinen Erzählungen geht es unter anderem um sadistische Jugendliche und hässliche und gewalttätige Sexualpraktiken unter Erwachsenen im besten Alter, wie man so schön sagt. Schön ist in den heftig ausschlagenden Erzählungen gar nichts: Setz' Erzählungen kommen uns vor wie Albträume, und nur im ersten Moment halten wir sie für komplett unrealistisch.

In der Titelgeschichte "Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes" gerät ein Kunstprojekt außer Kontrolle. Die Bürger einer Stadt sollen aus einem Lehmbatzen ihre Vorstellung von einem "Kind" formen. Wie überaus beunruhigend, dass sie auf das Kunstwerk einschlagen. Die Kindheit bei Clemens J. Setz: Sie ist ein Horrorfilm.