Zur Eröffnung der ambitionierten Britjazzweek im Birdland lieferte der Altsaxofonist und Rapper Soweto Kinch ein überzeugendes Konzert.

Hamburg. Altsaxofon und Jazz: Wer dächte da nicht unweigerlich an Charlie Parker? Soweto Kinch, 33, der am Montag die Britjazzweek im Birdland eröffnete, spielt das gleiche Instrument wie der Bebop-Miterfinder - und lässt doch keinen Zweifel daran, dass seine Musik bei allem Respekt vor dem Idol eine andere, eigene ist. Im Quartett mit Gitarre, Bass und Schlagzeug bot Kinch eine von gleichbleibend hoher Energie gespeiste Performance. Sein Spiel entsteht wie unter Hochdruck; wer bei Altsaxofon und Jazz auch an Lee Konitz denkt, an elegant-unterkühlte Linienführung, wurde an diesem Abend nicht bedient.

Soweto Kinch präsentierte sich als Virtuose von intellektuellem Format in künstlerisch-politischer Mission. Seine einzige als Ballade angekündigte Nummer handle, natürlich, von Liebe, versprach er. Allerdings von der Liebe zum Geld. Die Band spielte überwiegend Material aus dem 2010 veröffentlichten Album "The New Emancipation", auf dem es um Spuren alter und Mechanismen neuer Formen von Sklaverei geht - ein mit vielen Farben des Jazz koloriertes Beinahe-Hörspiel.

Auch live wechselte Kinch bruchlos zwischen Post-bop-Jazz und intelligent-minimalistischem Hip-Hop. Faszinierend, mit welcher Autorität und Glaubwürdigkeit sich der Jazzer in Sekundenschnelle in einen Spoken-word-Performer und wieder zurückverwandelte. Seinen Vornamen, den ihm die aus der Karibik stammenden Künstlereltern in England gaben, um die Opfer der Aufstände in den Townships von Johannesburg 1976 zu ehren, trägt Soweto Kinch mit Stolz. Bei allem Ethos blieb noch Platz für einen ziemlich guten und lustigen Freestyle-Rap unter tatkräftiger Mitwirkung des Publikums.

Dennoch erwies sich diese Quartettformation nicht als ideal. Kinchs Sendungsbewusstsein griff sich allzu viel Raum. Nur sein zu gleichen Teilen Sonnigkeit und Abstraktionslust ausstrahlender Gitarrist Femi Temowo wusste ihm Substanzielles entgegenzusetzen. Der Bassist spielte solide, der Trommler geizte mit Fantasie und wachte erst etwas auf, als er im zweiten Set die Wollmütze abnahm.