Wie sich der Hamburger Architekt Martin Haller (1835-1925) an Emma Budge erinnerte

"Eine Dame hat in den letzten Jahren meiner Tätigkeit eine hervorragende Rolle gespielt, nämlich Frau Emma Budge! Es sind jetzt ungefähr 20 Jahre verflossen, als eines Morgens Herr Henry Budge aus New York, von meinem Freund Anton May eingeführt, von mir über einige Besitzungen am Harvestehuder Weg Näheres zu erfahren wünschte. Er entschied sich dann rasch für das Haus des Herrn Fleitmann, welches ich zu Anfang der 80er-Jahre für Herrn Ivan Gans erbaut hatte, und bat mich, die daran vorzunehmenden Veränderungen mit seiner Gattin näher zu erörtern. Diese schilderte mir enthusiastisch die Vorzüge ihrer New Yorker Wohnung, die aus einer gemieteten Riesenetage am Central Park bestand, beklagte die Unzulänglichkeiten deutscher Behausungen und verlangte eine Vergrößerung des Gans'schen Hauses um ein Esszimmer von 30 auf 35 Fuß (!) sowie Verbesserungen der Dienst- und Küchenräume, der Heizung, Beleuchtung und Warmwasserversorgung nach amerikanischem Vorbild.

Solche verhältnismäßig nicht übertriebenen Ansprüche ließen sich unschwer erfüllen. Sie bildeten aber nur die ersten bescheidenen Anfänge von weiteren, im Laufe der folgenden zehn Baujahre zutage tretenden Wünsche und Forderungen, die sich bei den alljährlichen Besuchen des Ehepaares dermaßen steigerten, dass der Bau allmählich einen ins Kolossale gehenden Umfang annahm und Kosten verursachte, bei welchen mir im Hinblick auf die bauherrliche Zahlungsfähigkeit manchmal etwas ängstlich zumute war; meine Bedenken erwiesen sich als höchst überflüssig.

Herr Budges Finanzkraft war ebenso unerschöpflich wie seine Nachsicht gegen die baulichen Ausschweifungen seiner Ehehälfte; ohne eine Miene zu verziehen beglich er die alljährlich um Hunderttausende von Mark wachsenden Baurechnungen."