Der Wiener Singer/Songwriter Bernhard Eder singt heute im Kiezklub Hasenschaukel seine zerbrechlichen Lieder zur Gitarre

Hasenschaukel. Die Hasenschaukel, ihres Zeichens heimelige Kiezkneipe, hatte schon immer ein großes Herz für zartbesaitete Popkultur. Sehnsuchtsvolle Liedermacher, feine Gitarrenpicker, tieftraurige Barden und versponnene Sängerinnen traten bereits auf der kleinen Bühne zwischen Tresen und Kamin auf.

Gisbert zu Knyphausen, Hamburgs Melancholiker Nummer eins, gab seine ersten Konzerte hier, an der Silbersackstraße 17. Und auch der Schwede Björn Kleinhenz erzählt seine akustisch leisetretenden Geschichten gern in dem Ambiente mit der blassrosa Patina. Dank des CD-Samplers "Who Dropped The Needle?" können zahlreiche dieser Live-Momente noch einmal zu Hause nachempfunden werden. Und auch am heutigen Freitag dürften jene sensiblen Augenblicke entstehen, in denen man die Nadel fallen hören kann. Denn die Hasenschaukel-Betreiber Anja Büchel und Tanju Börü haben den Wiener Folkkünstler Bernhard Eder eingeladen, der bestens in die musikalische Linie ihres Ladens passt.

Auf dem Cover zu seinem neuen, dritten Album ist der junge Mann in Unschärfe abgebildet, eingebettet in eine Comic-Landschaft, die ein Bergpanorama andeutet. Wald, Regentropfen, ein Pfad. "To Disappear Doesn't Mean To Run Away" heißt die Platte. Und der schöne Titel vom Verschwinden, das keine Flucht sein soll, ist programmatisch für die Entstehung seiner aktuellen Songs. Eder verkroch sich zu ersten Aufnahmesessions im Bauernhof seiner Mutter. "Mehr als zwei Wochen habe ich mich im tiefsten Winter in mein ehemaliges Jugendzimmer eingeschlossen - mit einem Dutzend Songs im Kopf und einem Raum voller Instrumente", erzählt der Musiker. Sich für den Schaffensprozess aus dem Strom des Alltags herauszulösen und sich in die selbst gewählte Einsamkeit zu begeben ist also kein Klischee, sondern schlichtweg eine Notwendigkeit.

Auf seiner künstlerischen Route ins Niemandsland begegnen Eder die eigenen Dämonen, wie er in dem Lied "Lost And Found" darlegt. Schatten und Schmerz vergangener Tage hinter sich zu lassen ist der Sinn seiner Reise. Doch wie bekannt ist, ist im Leben oftmals der Weg das Ziel. Und so ahnt der Hörer, dass die Harmonie, die sich da lyrisch und musikalisch anbahnt, nur ein Zwischenstopp sein kann. Eder ist eben ein "Sad Ballad Man", wie ein weiteres seiner Stücke betitelt ist. Doch er versteht es, der Schwermut schönste Noten abzugewinnen. Trompete, Streicher und Slide-Gitarre betten seinen Gesang ein. Auch Pfeifen, Summen oder Glockenspiel gesellen sich ab und an dazu.

Arrangiert sind die Instrumente so, als streiche man mit der Hand über eine Raufastertapete: Stets sind kleine Widerstände zu spüren. Unebenheiten, die dafür sorgen, dass sich der Blick, das Ohr, die Seele nicht gänzlich eingelullt zur Ruhe betten können. In Eders Stimme schwingen parallel so viele Emotionen mit, dass das Herz ganz durchlässig wird. Zerbrechlich, stark und nah klingt er, sachte und verheißungsvoll, zu Tode betrübt und schwelgerisch. Wer Vergleiche mag, darf vor allem an den fragilen Sound des verstorbenen Singer/Songwriter Elliott Smith denken.

"Songs, die einem leicht die Tränen in die Augen treiben können", urteilt das Hasenschaukel-Team über die Musik Eders. Sein Konzert in dem charmanten Wohnzimmerklub kostet übrigens nicht offiziell Eintritt. Stattdessen wird der Hut rumgehen - und hoffentlich reichlich gefüllt werden.

Bernhard Eder (danach Musik mit DJ Der feine Herr Bergwerker) Fr 11.3., 21.00, Hasenschaukel (S Reeperbahn), Silbersackstraße 17, Eintritt: Spende; www.bernhardeder.net ; "To Disappear Doesn't Mean To Run Away" ist bei Solaris Empire erschienen.