Veranstalter Peter Schwenkow beendet die Abonnements-Reihe wegen der “Kampfsubventionen“ für die Elbphilharmonie-Konzerte.

Hamburg. Der Berliner Konzertveranstalter Peter Schwenkow hat seine Abonnements-Reihe "Voices" für beendet erklärt, die klassische Gesangssolisten in die Laeiszhalle brachte. Die Begründung des Chefs der Deutschen Entertainment AG (DEAG): Mit "Kampfsubventionen" grabe das Management von Laeiszhalle und Elbphilharmonie der Konkurrenz das Wasser ab, weil der staatlich subventionierte Veranstalter Karten für seine eigenen Konzerte zu deutlich günstigeren Preisen anbieten könne als der privatwirtschaftliche Gastspiel-Untermieter Schwenkow. Damit verschärft sich der Streit zwischen Generalintendant Christoph Lieben-Seutter und einigen seiner Mitanbieter weiter. Der "Verband der Deutschen Konzertdirektionen" (VDKD) hatte kürzlich bereits eine Klage gegen die Subventionspraxis des Landes Hamburg und der Hamburg Musik gGmbH angekündigt.

Das Hamburger DEAG-Tochterunternehmen Elbklassik präsentierte bei "Voices" seit zwei Jahren zwischen sechs und acht Konzerte pro Saison. Die Zahl der Abonnenten bewege sich im zweistelligen Bereich, so Elbklassik-Geschäftsführer Moritz Schwenkow.

"Das Fass zum Überlaufen gebracht haben die ,Stimmwelten'-Konzerte, die mit niedrigen Preisen gegen unsere positioniert wurden, und die ersten Anrufe bei Agenten, um Künstler zu verpflichten, die wir für uns auf dem Schirm hatten", sagt Peter Schwenkow. "Das ist keine Marktwirtschaft. Denn wir müssen die Gelder und Gagen, die wir ausgeben, erwirtschaften, während Hamburg Musik doppelte Gagen zahlen und halbe Eintrittspreise nehmen kann." Weil es die Elbphilharmonie - anders als ursprünglich geplant - noch nicht gibt, herrsche eine unglaubliche Terminknappheit bei der Laeiszhalle. "Ich sehe überhaupt nicht ein, warum man da hoch subventionierte Elbphilharmonie-Konzerte macht." Bei mehreren Gesprächen mit Lieben-Seutter sei man auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen. Schwenkow ist bei der VDKD-Klage mit im Boot und meint: "Wir werfen im Wettstreit mit subventionierten Veranstaltern unser Geld doch nicht aus dem Fenster."

Aktuell im Spielplan bei "Voices" ist der Tenor Klaus Florian Voigt am 22. März, für dessen Orchesterkonzert mit den Hamburger Symphonikern die Karten zwischen 19 und 91 Euro kosten. Bei "Stimmwelten" gibt der Mezzo Anne Sofie von Otter am 2. April einen Klassik/Jazz-Liederabend mit dem Jazz-Pianisten Brad Mehldau, zu haben für Preise von 9 bis 55 Euro.

Schwenkow ist im Hinblick auf die VDKD-Klage sehr optimistisch und hofft darauf, dass die designierte Kultursenatorin Barbara Kisseler das Problem "auch politisch lösen wird".

Christoph Lieben-Seutter nennt Schwenkows Vorwürfe "absurd". "Das hat inhaltlich nichts miteinander zu tun. Die Herrschaften legen einen ambitionierten neuen Zyklus auf, der leider nicht so gut funktioniert, wie man das gern hätte. Jetzt sollen die anderen schuld sein, die auch mal Sänger haben. Wir bieten ganz andere Programme - statt Best-of-Arienabenden mit Orchester haben wir Dinge wie Magdalena Kozena mit Renaissance-Arien oder Annette Dasch im Kleinen Saal."

Zum Kartenpreis-Vorwurf sagt Lieben-Seutter, er sei Gegenstand einer Klage, die mittlerweile eingetroffen sei. Dem Vorwurf des Preisdumpings sehe er gelassen entgegen. "Wettbewerb ist erlaubt. Angebot unter Preis ist in gewissen Situationen auch erlaubt. Eine Verdrängungsabsicht haben wir nicht, ganz im Gegenteil. Alle Privaten sind höchst willkommen und uns wichtig." Auch zur Stimmungslage bei den hiesigen Klassik-Anbietern, die durch alles andere als Harmonie geprägt ist, findet Lieben-Seutter deutliche Worte: "Die Situation ist seit vier Jahren virulent und wird konstant enger. Je kontroverser die Elbphilharmonie als Bauprojekt diskutiert wird, desto mehr Nebenthemen tauchen auf, sodass wir auch woanders angeschossen werden. Es gäbe produktivere Arten, seine Zeit zu verbringen. Wir werden das alles auf dem Klagewege klären. Besonders absurd ist der Vorwurf der überhöhten Gagen, weil ich in vielen Fällen wesentlich weniger zahle als die Privaten."

Christian Kuhnt, Geschäftsführer beim alteingesessenen Abo-Anbieter Pro Arte, bezeichnete die Entscheidung aus dem Hause Elbklassik als "sehr schade". Er habe sich sehr gewundert, dass in der ersten "Voices"-Saison auch die Elbphilharmonie-Reihe "Stimmwelten" auf den Hamburger Klassik-Markt gebracht wurde. "Ich fand bemerkenswert, dass man mit attraktiven Angeboten das Leben anderer schwer macht. Wir begrüßen Konkurrenz zwar, aber so etwas darf nicht passieren."

Ein Sprecher der Kulturbehörde erklärte, zum Auftrag der Hamburg Musik gGmbH im Vorfeld der Elbphilharmonie gehörten auch Liederabende; man könne in diesem Fall keine wirkliche Konkurrenzsituation erkennen.

Schwanengesang der Elbklassik-Abo-Reihe wird nun das Voigt-Konzert sein. Karten für die Abende mit Vivica Genaux, Anja Harteros, Violeta Urmana und Ekaterina Scherbachenko können zurückgegeben werden. Danach will Schwenkow mit seinen Künstlern auch weiterhin - aber ohne Abo-Reihe - im Laeiszhallen-Spielplan präsent sein. Auf mögliche Repressionen bei zukünftigen Elbklassik-Buchungswünschen angesprochen, sagte Schwenkow: "Herr Lieben-Seutter ist nicht der König von Hamburg. Wenn Terminvergaben sich durch das Eintreten für unsere Interessen verschlechtern, würden wir auch darauf reagieren. Ich würde ihm dringend empfehlen, das zu trennen."