Im Passage-Kino zeigt Wim Wenders seinen 3-D-Film über das Wuppertaler Tanztheater. Sein Werk würdigt die verstorbene Choreografin Pina Bausch.

Passage. Es war ein Risiko, aber es hat sich gelohnt. Zum ersten Mal hat sich Wim Wenders in einer Dokumentation "Pina" mit dem Thema Tanztheater beschäftigt. Ebenfalls ein Debüt war für ihn das Drehen mit der aufwendigen 3-D-Technik. Für die poetisch-sinnliche Art, wie er jetzt in den Inszenierungen Bauschs das Verhältnis von Raum und Körpern eingefangen hat, gab es viel Applaus bei der Berlinale. "Spannend und aufschlussreich" schrieb der "Guardian". Morgen präsentiert der Regisseur persönlich seinen Film im Passage-Kino .

In Berlin war Wenders ein viel gefragter Gesprächspartner. Weil er auch viel antwortete, hatte er sich eine Kehlkopfentzündung eingefangen und konnte nur noch flüstern. Wie er zum Tanz kam? "Als Gymnasiast habe ich einen Tanzkursus besucht, in meiner Zeit machte man das so", raunte er. "Die Gesellschaftstänze haben mir nicht so viel Spaß gemacht, aber damals kam gerade der Twist auf. Und da habe ich gemerkt, das gefällt mir. Seitdem bin ich eher der Typ Party-Alleintänzer."

Natürlich trennen den Twist und das Wuppertaler Tanztheater Welten. Aber Wenders, der aus dem gut 30 Kilometer entfernten Düsseldorf stammt, kannte keine Berührungsängste. Im Laufe seiner mehr als vier Jahrzehnte umspannenden Karriere hat er meist Spielfilme wie "Paris Texas", aber immer mal wieder Dokumentarfilme gedreht. Es ging darin um den Blues, die Kölschrocker BAP oder um den Modeschöpfer Yohji Yamamoto. Jetzt hat er Pina Bausch und ihrem Tanztheater ein filmisches Denkmal gesetzt.

Die Anfänge von Pina Bauschs Erfolgsgeschichte hat Wenders noch verpasst, denn er lebte damals in den USA. "So ein bisschen am Arsch der Welt, in Los Angeles", spottet er. "Die halten sich dort zwar für den Mittelpunkt, aber kulturell ist es doch eher Provinz." 1985 hat er die Stücke von Bausch in Venedig gesehen, zunächst zögerlich. "Beim Rausgehen war ich aber schon überzeugt, dass es das Schönste war, was ich je gesehen hatte."

Er traf Bausch und schlug ihr gleich vor, einen gemeinsamen Film zu drehen. Aber er fand lange nicht den richtigen Ansatz. Es sollte noch ein Vierteljahrhundert dauern, bis er wusste, wie er es anfangen sollte. "Ich habe mir immer wieder den Kopf zerbrochen, wie ich denn dieser Körperlichkeit und Leichtigkeit und ansteckenden Lebensfreude von Pinas Arbeit gerecht werden könnte. Das war wie eine Wand, durch die meine Kameras nicht durchkamen." Aber als er in Cannes 2007 den Konzertfilm "U2 in 3D" gesehen hatte, war er sicher: "Das ist die Antwort."

Gemeinsam mit Bausch suchte er noch die Stücke aus. Nach ihrem überraschenden Tod war das ursprüngliche Konzept obsolet. "Wir wollten sie bei den Proben begleiten, wären mit ihr auf Weltreise nach Südamerika und Asien gegangen. Sie wäre unsere zentrale Figur gewesen." Wenders brach das Projekt ab. Aber einige Wochen später kam es zu einer Trotzreaktion. "Den Film nicht zu machen war die falsche Entscheidung! Wir konnten ihn nicht mehr mit ihr machen, aber wir konnten ihn für sie machen." Er hatte die Idee, die Tänzer vor laufender Kamera nach ihr zu fragen. Sie antworten nun im Film ohne Worte, aber mit Gesten und Tanz.

Dabei gab es noch viele technische Probleme zu bewältigen, denn zunächst waren 3-D-Bilder sehr ruckelig. "Selbst bei 'Avatar', der ja wirklich Maßstäbe gesetzt hat. Wenn man im Hintergrund Menschen laufen sieht, haben sie manchmal drei oder vier Beine." Die technischen Probleme konnten überwunden werden. Nun wartet auf die Zuschauer ein etwas anderes Kinoerlebnis. "Sie müssen das Sehen verlernen, das sie aus dem Kino gewohnt sind. Über 110 Jahre hat uns das Kino vorgegaukelt, dass es den Raum beherrscht. Mit tollen Tricks, die ich immer noch liebe. Aber es ist letztlich nur eine Illusion, denn auf einer zweidimensionalen Leinwand bleibt der Raum immer Fiktion." Das ist mit 3-D anders. Wenders ist froh, auf die neue Technik gesetzt zu haben, und klingt erleichtert: "Tanz und die dritte Dimension im Kino sind wie gemalt füreinander. Ich hatte immer Sorge, dass ich Pina zu viel versprochen hatte. Habe ich aber nicht, glaube ich."

Pina: Do 20.00, Passage (U Rathaus), Mönckebergstr. 17.; www.das-passage.de