Über 25 Jahre nach der “Schwarzwaldklinik“ setzt das ZDF große Hoffnung in die neue Arztserie “Herzflimmern – Die Klinik am See“.

Lange Zeit stand es schlecht um die deutsche Krankenhausserie. Eine wahre Epidemie anämischer Arztserien hatte bei den Zuschauern in den letzten Jahren für eine gefährliche Überdosis gesorgt. Frauenärzte, Bergärzte, Notärzte, Landärzte, Tierärzte, Kinderärzte, Hubschrauberärzte: Seit "Die Schwarzwaldklinik" Ende der 80er den Boom auslöste, gab es lange Zeit kein Entkommen vor den TV-Helden in Weiß. Die influenzaartige Ausbreitung sorgte dafür, dass man die Geschichten aus den deutschen OPs nach und nach überhatte. Die Quoten sanken stetig. Vor allem auch, weil aus den USA Serien herüberschwappten, die einfach besser waren. Ob der misanthropische "Dr. House", die verworrenen Liebesgeschichten bei "Grey's Anatomy" und "Private Practice", die jungen Wilden von "Scrubs" oder der Klassiker "Emergency Room": Die US-Ärzte hatten einfach mehr Tiefe, mehr Blut, mehr Sex - und sahen zudem noch besser aus.

In Deutschland gab es zwar immer wieder Serien wie zum Beispiel die MDR-Produktion "In aller Freundschaft", die solide Quoten einfuhr, der große Hype schien jedoch vorbei. Vor allem, weil sich das Soapschema rund um gebrochene Knochen, gebrochene Herzen und das unausweichliche Happy End zusehends abnutzte.

Dann kam jedoch RTL und setzte 2008 mit "Doctor's Diary" den Quoten-Defibrillator an. Es gehörte schon viel Mut dazu, in einer Zeit, in der sich die deutschen TV-Zuschauer eigentlich längst vom Arztserien-Fieber auskuriert hatten, wieder an den OP-Tisch zu bitten. Aber Bora Dagtekins Serie um die Liebeswirrungen von Dr. Gretchen Haase traf genau den Nerv - eben weil sie nicht so vorhersehbar war wie viele öffentlich-rechtliche Schmalzproduktionen. Während die RTL-Heiler den Grimme-Preis sowie diverse Fernseh- und Comedypreise abräumten, starben verwechselbare Sat.1-Produktionen wie "Dr. Molly & Karl" und "Klinik am Alex" den schnellen Quotentod.

Jetzt will es also auch das ZDF noch einmal versuchen und wagt sich an eine neue Krankenhausserie. Schließlich scheint sie ja noch vorhanden zu sein, die Sehnsucht der Zuschauer nach Geschichten aus dem OP. Und schließlich war es auch das ZDF, das mit "Die Schwarzwaldklinik" im Jahr 1985 den Kittel-Hype lostrat. Bis zu 60 Prozent Marktanteil brachte die Serie um Professor Brinkmann dem Sender ein. Bis zu 28 Millionen Zuschauer saßen in den 80er-Jahren vor den Fernsehapparaten, um zu sehen, wie Sascha Hehn mit Föhnwelle lässig in sein Cabrio sprang.

Ob die neue Ärzte-Seifenoper "Herzflimmern - Die Klinik am See" solche Erfolge verbuchen kann, ist jedoch fraglich. "Quoten von 15 Prozent sollten mindestens schon drin sein", sagte ZDF-Hauptredaktionsleiter Klaus Bassiner am Mittwoch in München, wo der Sender und die Produktionsfirma Bavaria die neue Arztserie vorstellten. Fünf Tage die Woche soll im ZDF operiert werden. 100 Folgen umfasst die erste Staffel. Gedreht wird die "Medical Daily", wie sie das ZDF gewollt neumodisch nennt, bei München und im oberbayerischen Voralpenland. Das klingt eher erwartbar als überraschend, vor allem aber triefend kitschig. "Die Serie verspricht spannende und gefühlvolle Geschichten aus der Welt der Ärzte und Patienten in einem idyllisch gelegenen Krankenhaus, der Seeklinik in der fiktiven Stadt Sonnenberg", heißt es beim ZDF.

Auch der Cast ist wenig überraschend. Die meisten Darsteller wurden bereits in zu vielen Daily Soaps verbraten. Nova Meierhenrich und Caroline Beil sind dabei, Ralph Schicha oder Jan Hartmann. In zwei Wochen wird bekannt gegeben, auf welchem Sendeplatz die Serie läuft - hoffentlich ohne Nebenwirkungen für den Zuschauer.