Babylonische Sprachverwirrung wird in “Babel (Words)“ zu atemberaubendem Tanz. Das komödiantische Ensemble überzeugt.

Hamburg. Worte erscheinen in Sidi Larbi Cherkaouis Tanztheater "Babel (Words") wie eine Strafe Gottes zu sein. Sie begründen Herrschafts- und Machtverhältnisse, stiften Missverständnisse und Streit unter den Völkern. Es ist denn auch die Sprache des Körpers, die beim Kampnagel-Gastspiel des von Cherkaoui und Damien Jalet mit einem großartigen internationalen Ensemble klug und komödiantisch komponierten Tanztheaters einen Triumph feiert - auch beim Publikum.

Zum Auftakt lässt die Schwedin Ulrika Kinn Svensson Hände und Arme in einem Gestentanz sprechen, um fortan als seelenloser Sprechautomat über die Bühne zu staksen. Der Choreograf ironisiert auch seine eigene Sprache, die des belgischen Tanztheaters, das Bewegung auf ihre Basis und Essenz zurückführen will und einen Trend in der internationalen Tanzszene ausgelöst hat. Er schickt den Tänzer Francis Ducharme durch einen "Zeittunnel", in dem der fabelhafte Kanadier zum Affen mutiert und grunzend, schnüffelnd, schreiend einen Dialog mit der Roboterfrau versucht. In der Groteske setzt Cherkaoui die "tiefste" Stufe der Menschheit sarkastisch mit der "fortschrittlichsten" gleich, in der die Kriege der nationalen und religiösen "Rotten" weiterhin toben, wie in finsterer Höhlenzeit.

Die Kämpfe bannt der Choreograf in ein Slow-Motion-Tableau, das Patrizia Bovi und Christine Leboutte höhnisch mit einem sizilianischen, um Frieden flehenden Lied kontrapunktieren. Und der sich eitel und großmäulig spreizende Weltenbeherrscher der englischen Zunge (Darryl E. Woods) endet als Bettler in bunten Lumpen.

Meisterhaft verknüpfen Cherkaoui und Jalet die choreografischen und satirischen, die akrobatischen und räumlichen Elemente der kontrastreich aufgebauten, durch textliche wie visuelle Anspielungen reich und vieldeutig sich entfaltenden Inszenierung. Die Musik, der japanische Trommler Shogo Yoshii und Gesänge aus aller Welt setzen eigene Akzente. Wie das Spiel mit den Leichtmetallquadern, die das Ensemble zum Tanzen bringt. Antony Gormleys Konstruktionen sind so genau ausgetüftelt, dass sie federleicht ineinandergleiten, sich zur luftigen Skyline türmen oder wie Blütenblätter öffnen. Mit "Babel" hat Cherkaoui sein gefeiertes "Sutra" noch übertroffen.

Babel (Words) 11., 12.2., 20.00, Kampnagelfabrik, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de