Nach drei Jahren Pause gibt Götz George wieder den Schimanski, gerät dabei als Rentnerkommissar in Korruptionsabgründe - und mehr als einmal in Lebensgefahr

Eigentlich wollte er ja nur in Ruhe das zweite Frühstück genießen, Pommes Schranke in einer potthässlichen Duisburger Fußgängerzone. Doch Horst Schimanski kann nun mal nicht aus seinem Military-Parka. Wo wer Mist baut, muss er hinterher.

Dass Deutschlands rüstigster Krimi-Rentner immer mehr in die Jahre kommt, haben ihm die Drehbuchautoren von "Schuld und Sühne", dem 16. "Schimanski" seit 1997, auch diesmal nicht erspart. Götz Georges erster Satz beginnt mit einem wehmütigen "Als ich jung war ...", und bei der Klopperei mit einem um Jahrzehnte jüngeren Kleinkriminellen setzt der 72-Jährige voll auf die Seniorenkarte: Er schlägt nicht mehr oberhalb der Gürtellinie zurück, sondern tritt gleich in die Weichteile. "Ein Mädchentrick, aber was soll man machen in dem Alter", brummbärt er.

Dafür hat der von Dostojewski geborgte Filmtitel eine ordentliche Portion Hybris, die dem Bildungsbürger signalisiert: einschalten, Klassiker! Nötig wäre das nicht, denn George gilt als sicherer Quotenbringer, frei nach einem Kalenderspruch aus Goethes "Faust": Von Zeit zu Zeit sieht man den Altgewordenen gern. Der weiß das natürlich, und dimmt seine Rolle so timingsicher auf ein Minimum an äußerlicher Beteiligung herunter, dass Fans ihre Freude an der Qualitätsarbeit haben dürften. Ansonsten geht es reichlich düster und depressiv zu in dem neuen Fall, der Schimanski in seiner Pensionisten-Scheinruhe stört. Duisburg ist stimmungsvoll auf Klein-Bronx gekämmt, mit schmierigen Pillendealern und rumpeligem Großmarktstrich. Zartbittere Moll-Streicher aus dem Off geben der Tristesse den Rest. Wer hier noch wohnt, hat längst verloren. Pott-Romantik ist von gestern, aber die Neubauten und das schmucke Rheinpanorama sind für junge Kripo-Karrieristen reserviert, nicht für alten Kruppstahl, wie Schimanski ihn nach wie vor ungemein überzeugend und sehenswert verkörpern kann.

Irgendwo da unten, zwischen Industrieschloten und einer heimeligen Eckkneipe, rottet ein Polizeirevier vor sich hin, und schnell stellt sich heraus, dass es auch mit der Arbeitsmoral der Gesetzeshüter nicht allzu weit her ist.

Da man einen Götz George nicht mit beliebigen Konfektionsmimen umgeben kann, ist die Besetzungsliste gespickt mit A-Gesichtern: Hannes Jaenicke als Revier-Rambo, Ulrike Kriener als Wirtin Dolorosa, Bernd Tauber als morscher Revier-Oberbulle und der wie immer delikat schmierige Johann von Bülow als interner Ermittler im edlen Zwirn. Wie gereift Schimi als last Horst standing ist, lässt sich an seinem Kollegen Hänschen ablesen, der immer noch brav mit Aktentasche und Carrell-Akzent zum Dienst tapst, obwohl er ein Jahrzehnt älter wirkt als sein Ex-Kollege. Der erste große Showdown - wie es sich gehört, in einer Fabrikruine - ist "Tatort noir", ein Kammerspiel auf engem Raum. Gelernt ist gelernt.

Schimanski: Schuld und Sühne, So 30.1., ARD 20.15