Mal unter uns Pastorentöchtern: Ist es nicht seltsam, dass man ausgerechnet Silvester jedes Jahr wieder gleich verbringt? Wo doch gerade Silvester traditionell der Tag der Veränderung sein soll. Der Tag, an dem der neue Kolumnist Premiere hat. An dem man beschließt, vieles müsste von nun an anders werden. Am besten besser. Doch an Silvester selbst soll erst noch einmal alles bleiben wie immer: Man betrinkt sich, schießt Raketen in den Himmel, tanzt unangenehm, ist gezwungen gut gelaunt. Oder in anderer Reihenfolge.

So kann es nicht weitergehen! Ich will, dass Silvester wieder Symbolcharakter bekommt! Es wird doch ständig bemängelt, dass es kaum noch Traditionen gebe. Was daran liegt, dass sich einfach niemand mehr die Mühe macht, neue Bräuche zu schaffen.

Bis jetzt. Denn wir, wir erfinden heute einen Brauch für morgen, der in ein paar Jahren schon typisch für Hamburg und Silvester sein wird. Versprochen. Eine Art Ritual: sympathisch, innovativ, dabei aber nicht zu sektenmäßig. Vielleicht so: Jeder ist erst einmal für sich allein. Sitzt zu Hause und denkt über 2010 nach. Kurz vor zwölf treffen wir uns dann an der Alster. Da, wo es richtig, richtig dunkel ist: unter der Kennedybrücke. Dort hocken wir und warten stumm auf den Rest der Gruppe. Wir tragen dunkle Overalls, deren wir uns später entledigen. Darunter Glitzeranzüge. Bitte. Mit Anbruch des neuen Jahrs ziehen wir in Richtung des Lichts. Durch die Innenstadt zum Michel, von dem wir dann etwas von Hans Albers skandieren: "Hoppla, jetzt komm ich."

Sicher, anfangs kann es unangenehm werden. Vielleicht hält man uns für verrückt. Aber ist das nicht allen so gegangen, die einen Brauch geschaffen haben? Und bedenken Sie, wir sind nicht allein: Wir haben die Gruppe. Und die Symbole, die nachfolgenden Generationen noch lange Rätsel aufgeben werden. Das ist doch das Geheimnis eines guten Brauchs.

In diesem Sinne: Seien Sie bitte pünktlich.