Es ist für Ingeborg Hecht - und für mich - von elementarer Wichtigkeit, dass wir morgens aufwachen und wissen: "Es gibt das Grundgesetz!" Und dass wir, wie bisher, schreiben, denken und öffentlich äußern können, was und wie wir es wollen. Auf den einfachsten Nenner gebracht, könnte ich sagen: "Wir fühlen uns in der Demokratie sicher, weil es denkbar schwer wäre, in ihr Konzentrationslager zu errichten." Das mag manchem absurd und herbeigeholt vorkommen, aber so denken und fühlen Menschen wie Ingeborg Hecht und ich. Sind wir doch alt genug, um es erlebt zu haben, wie 1933 aus einer Demokratie ein KZ-Staat wurde. So weit kommt es nicht, natürlich nicht, dass wissen wir. Aber da sind unsere Träume, unsere verräterischen Träume, in denen die damalige Furcht vom dem jederzeit möglichen Gewalttod als zentrales Lebensgefühl weiter herumgeistert. Und aus denen wir uns dann entsetzt selbst reißen müssen, in das ganz andere und zentrale Lebensgefühl von heute: "Du hast es überlebt, hast es tatsächlich überlebt." Aber welche innere Zerreißprobe jedes Mal wieder zwischen den beiden Polen "Damals und Heute". Und so schließt sich denn der Kreis - mit einer Bitte von uns beiden, genauer von unseren heißen Herzen an euch, liebe Schülerinnen und Schüler: sich zu sorgen für das, was diese Stunde hier noch einmal so kostbar demonstriert: die angstfreie Rede, die Freiheit des Wortes - Gradmesser jeder Freiheit überhaupt. Und das wie immer mit der Losung des Bertini-Preises: Lasst euch nicht einschüchtern!