Farbenpracht: Eine Schau im Ernst-Barlach-Haus präsentiert den Expressionisten Karl Schmidt-Rottluff als Liebhaber des Aquarells.

Ernst-Barlach-Haus. In verführerischem Lila erheben sich die Blumen im "Stillleben mit Bananen" (1962). Gleißendes Sonnenlicht über einem vorwitzig rosa gefärbten Sommerhimmel prägen den "Julimorgen" (1963). Die Konturen wirken fast holzschnittartig. Die Hitze springt den Betrachter förmlich an. Der expressionistische Maler, Zeichner und Plastiker Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) hat ein umfangreiches Werk geschaffen. Und doch wird er stets auf seine knapp acht Jahre umfassende Periode als "Brücke"-Künstler und den Elan des jugendlichen Ungestüms reduziert. Einblicke in seine Vielseitigkeit bieten 40 bislang unbekannte Blätter aus einer norddeutschen Privatsammlung bis zum 15. Mai im Ernst-Barlach-Haus.

Sie präsentieren den Maler vor allem als Anhänger des flüchtigen Pinselstrichs im Aquarell. Schmidt-Rottluff liebte die Farbigkeit, die er mit Wasserfarben auf die Leinwand bannte. 1909 gilt sogar als "Aquarelljahr" im Schaffen des Künstlers. Zeit seines Lebens bevorzugte der vom Wesen her eher scheue Schmidt-Rottluf den Rückzug. Seine Lebensweise fand bis in die späten 60er-Jahre hinein Niederschlag in Stillleben und Landschaftsbildern.

Von 1932 an lebte er in Rumbke am Lebasee (Hinterpommern), das ihn zu ruhigen Meereslandschaften wie "Wald hinter Dünen" (1939) inspirierte. Regelmäßig bereiste er den Taunus und das Tessin. Schmidt-Rottluffs Pinselstrich wirkt vital, seine Motive von Formzwängen erlöst. Der Maler liebte das Spiel der verlaufenden Farben auf dem grobkörnigen Papier. Wer genau hinschaut, entdeckt Inspirationen von van Gogh, Gauguin oder auch den Fauves. Die Arbeiten erlauben aber auch einen Brückenschlag zu den Neuen Wilden Anfang der 80er-Jahre.

Die Schau beginnt beim Frühwerk "Ziegelei in Dangast" (1909) und schlägt einen Bogen bis zu den Meisterblättern des Spätwerks der 30er- bis 60er-Jahre. Eine kritische Phase durchlebte Karl Schmidt-Rottluff, als die Nationalsozialisten ihn 1937 als "entarteten" Künstler diffamierten. Sie beschlagnahmten mehr als 600 Werke in deutschen Museen. Schmidt-Rottluff wurde 1884 bei Chemnitz geboren, 1902 lernte er Erich Heckel kennen. 1905 nahm er ein Studium der Architektur an der Technischen Hochschule in Dresden auf. Hier begegnete er auch Heckels Studienkollegen Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner. 1905 schloss sich das Trio zur Künstlergruppe "Brücke" zusammen. Infolge seines Umzugs nach Berlin 1911 fanden Elemente des Kubismus, Futurismus und auch afrikanischer Stammeskunst Eingang in seine Arbeit.

Nach der Auflösung der "Brücke" 1913 orientierte sich Schmidt-Rottluff in seiner Malerei eher an monumentalen Formen. Die Schau runden einige Tuschzeichnungen und druckgrafische Blätter ab. In ihnen wendet sich Schmidt-Rottluff wieder der Figurenzeichnungen zu. "Melancholie" (1914) kündet mit dem verhangenen Blick einer Frauengestalt von dem Unbehagen zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Weitere Darstellungen zeigen in vereinfachter Physiognomie Szenen der Arbeit, etwa das beschwerliche Überleben der Bauern in einem Fischerdorf. Schmidt-Rottluff hat ihr Dasein allerdings nicht kritisch beleuchtet wie die Vertreter der Neuen Sachlichkeit.

Karl Schmidt-Rottluff bis 15.5., Ernst-Barlach-Haus (MetroBus 15) , Jenischpark, Baron-Voght-Straße 50a, Di-So 11.00-18.00