Man muss das Dschungelcamp nicht mögen. Aber so entwaffnend ehrlich wie die Show war Fernsehen schon lange nicht mehr.

Australien. Was fasziniert mehr als acht Millionen Menschen, allabendlich in ein ganz spezielles "Promidinner" reinzuzappen? Ist es die zappelnde Rhinozeros-Kakerlake zwischen Indiras Lippen? Ein entrückter Rainer Langhans, der in einem Insektensarg meditative Freude über eine "raffinierte Massage" empfindet? Oder sind es die bizarren Gespräche über Palmwedel und "Muschis" zwischen den Dschungelcampern, diesen "elf komischen Vögeln", wie Dirk Bach die Delinquenten einmal nannte? Nein. Es ist das Moderatorenduo, das vor Selbstironie beinahe platzt. "Australien hat eine Katastrophe biblischen Ausmaßes erreicht - und dann kam auch noch das Hochwasser!", unkt Bach. Doch dann kommt Katy Karrenbauer ins Bild, der Song "I Need A Dollar" ertönt, und Bach stellt fest: "Australien ist die Katy Karrenbauer der Südhalbkugel. Das Wasser bis zum Hals und jede Menge Schulden."

So was sitzt. So was kommt an. "Es ist keine Rolle, sondern eine Aufgabe. Wir moderieren die Show nicht - wir kommentieren die Geschehnisse. Und aus dieser Distanz heraus haben wir auch die Freiheit zur Wahrheit, die man als Moderator im klassischen Sinne nicht hat", meinte Sonja Zietlow in einem RTL-Interview für die mittlerweile fünfte Staffel: "Im Grunde sagen wir nur laut, was die Zuschauer denken - wir formulieren es nur etwas charmanter. Aber nicht weniger ehrlich."

Als der ehemalige Soap-Schauspieler und Ex-Moderator Peer Kusmagk am Lagerfeuer zugibt, "schon lange nichts mehr gemacht zu haben", lästert Bach: "Peer Kusmagk ist wie Pension Schlüter!" Zietlow: "Aber die kennt doch keiner!" Bach: "Eben!" Autsch. Wahrheit tut eben weh. Doch sie unterhält bisweilen köstlich. Hinzu kommt, dass Bach/Zietlow alles dafür tun, weder sich selbst noch die Sendung und die Kandidaten schon gar nicht ernst zu nehmen. Sarah Knappik beispielsweise, das ewige Bochumer Modeltalent, war nach dem Misslingen ihrer Dschungelprüfung (null Sterne) am dritten Tag mental am Boden. Zietlow ohne Gnade: "Wie heißt die noch mal?" - Bach: "Knappik. Sarah Knappik." - Zietlow: "Ihren Namen kann ich mir einfach nicht merken." Als das Dschungelcamp am Sonnabend kurz ins Philosophische abzudriften drohte, ermahnte Sonja Zietlow ihren Komoderator: "Du denkst aber schon daran, dass wir hier beim RTL sind?" Bach: "Ja, wir kommen schon noch auf 'Supertalent'-Niveau runter. Kannst du mit Sand malen?"

Man sollte sich zum Vergleich vielleicht einmal vorstellen, dass Thomas Gottschalk bei "Wetten dass ?" einen amerikanischen Superstar mit den Worten ankündigen würde: "Sie ist auf ihrer weltweiten Promotour bloß kurz zwischengelandet, um ihren neuen Film vorzustellen, und sie ist auch gleich wieder weg, was aber auch nicht so schlimm ist, weil sie wahrscheinlich sowieso nicht kapieren wird, worum es bei ihrer Wette überhaupt geht."

Wer dagegen das Dschungelcamp wegen ein paar haarsträubender Showeinlagen und grenzwertiger gruppendynamischer Prozesse zwischen abgehalfterten Möchtegernstars als hirn- und geschmackloses Prekariatsfernsehen abtut, hat dieses grundehrliche, subtile TV-Format nicht begriffen: "Das war das Wichtigste vom Tage. Den kläglichen Rest gibt es jetzt im Nachtjournal", sagte Bach am ersten Tag zur Verabschiedung. Die wirklichen Stars im Dschungel heißen Sonja und Dirk. Lasst sie bloß schön da drin.