Alle Jahre wieder kommt Jamaica Papa Curvin zum Konzert am 24. Dezember. Diesmal allerdings in die Fabrik. Ein Porträt des Reggaemusikers.

Fabrik. Am Anfang konnte er die Besucher noch einzeln mit Handschlag begrüßen. Als Jamaica Papa Curvin vor 24 Jahren sein erstes Weihnachtskonzert in Hamburg gab, verloren sich gerade mal 50 Menschen im großen Saal der Markthalle. Heute, kurz vor dem 25. Jubiläum, sitzt der Mann mit den von einer dicken Wollmütze gebändigten Dreadlocks auf einer Holzbank in der Fabrik und blickt auf eine beispiellose Erfolgsgeschichte zurück. Heiligabend ohne Jamaica Papa Curvin, das ist schon lange undenkbar. Nicht nur für die notorischen Feiertagsflüchtlinge, die spätestens nach Bescherung und Fondue dem Schoß der Familie entkommen wollen.

Das Musikjahr wäre schlicht unvollständig, sollte der inzwischen 66-Jährige einmal nicht zum Fest der Liebe seine entspannten Roots-Reggae-Rhythmen aus den Boxen wummern lassen. Schon die Tatsache, dass er nach 24 Jahren in der Markthalle in die Fabrik wechselt, sorgt für leichte Unruhe, und wahrscheinlich wird so mancher Fan am 24.12. gewohnheitsmäßig wieder die Markthalle ansteuern. Dabei ist dem Locationwechsel kein Streit vorausgegangen, "Mein Management wollte einfach mal was Neues ausprobieren", sagt Jamaica und lächelt.

Überhaupt wirkt der Mann zufrieden mit sich und seinem Leben. Was vielleicht auch daran liegt, dass er, der jahrzehntelang in Hamburg wohnte, nun wieder die Hälfte des Jahres auf Jamaica verbringt. An der Nordostseite, nahe dem legendären James Bond Beach, lebt er in einer Art Musikkommune und produziert im eigenen Studio einheimische Musiktalente. Ab und an bringt er auch in Kleinstauflage eigene CDs heraus, die dann bei Konzerten zu Preisen von fünf bis sechs Euro verkauft werden. "Ich brauche nicht viel", erklärt Jamaica. "Wo ich wohne, wachsen Orangen und Bananen, Grapefruits und Yams." Konzerte gebe er inzwischen kaum noch - aber Hamburg zu Weihnachten, das hat eben Tradition.

Ihn verbindet viel mit dieser Stadt. Mitte der Sechziger ist er erstmals hergekommen, Mitte der Siebziger hat er sich die erste eigene Wohnung genommen. Das Uni-Viertel, Wilhelmsburg, Nienstedten, Altona und Wandsbek sind einige Stationen - und immer war die Musik sein Begleiter. Bei den Bamboos Of Jamaica begann er als Drummer, sprang aber kurzfristig ein, als vor einem Konzert in Basel der Sänger ausfiel, und hatte fortan zwei Jobs. Als die Band sich auflöste, gründete Jamaica diverse eigene, stieg später bei Malcolm's Locks ein, wo er an der Seite von Liz Mitchell (später Boney M) sang und trommelte, um schließlich ein paar Jahre mit der Backing Band von Boney M. die Welt zu bereisen. Zurückgekehrt ist er jedoch immer wieder nach Hamburg, wo sein Reggae-Center erst in der Koppel am Hauptbahnhof, später am Münzplatz in Hammerbrook zum Treffpunkt der Exil-Jamaikaner und -Afrikaner wurde.

Hier entstand auch die Idee zur X-Mas-Reggae-Show: "Meine Freunde fanden den Heiligabend so langweilig und fragten mich, ob ich nicht ein Konzert geben wollte." Auch wenn die Erstauflage noch ein finanzieller Flop war, Jamaica Papa Curvin hielt durch, und nach fünf Jahren war die Halle plötzlich voll. "Wir hatten immer eine wunderbar friedliche Stimmung", erinnert sich der Roots-Reggae-Weihnachtsmann. Was natürlich auch an den Marihuanaschwaden gelegen haben könnte, die damals - es gab noch kein Rauchverbot - die Markthalle durchzogen. Selbst als Anfang der Neunziger plötzlich ein paar Skinheads auftauchten, entschärfte der Mann mit der tiefen Stimme und dem warmen Lächeln die Situation sofort. Am Ende standen die Glatzköpfe, die einige Besucher mächtig erschreckt hatten, auf der Bühne und tanzten.

"Das Publikum hat sich über die Jahre ziemlich verändert", sagt Jamaica. "Es ist viel jünger geworden, und heute dürfte ich wohl der Älteste im Saal sein." Paare haben sich bei seinen Konzerten kennengelernt, erzählt er, ihn zur Hochzeit eingeladen und Kinder bekommen, die inzwischen selbst mit Freunden zum Heiligabend-Konzert kommen, "eine wunderschöne Entwicklung". Und so wird es auch in diesem Jahr wieder ein friedlich-entspanntes Familientreffen geben.

Nur jeden Gast einzeln per Handschlag zu begrüßen, das dürfte auch in der Fabrik nicht möglich sein.

Jamaica Papa Curvin Fr 24.12., 22.00, Fabrik (Bus 2), Barnerstr. 36, Eintritt 25,-; www.fabrik.de