Die einstigen Chorknaben Kings of Leon füllen die O2 World. Die Begeisterung war sehr groß, am Ende grölte die Halle bei “Sex on Fire“. mit.

Hamburg. Der Rock 'n' Roll hat immer schon vom Tourleben und Heimweh erzählt. Die vier Musiker der amerikanischen Band Kings of Leon sind, im zehnten Jahr ihres Bestehens, durchaus schon herumgekommen, neuerdings füllen sie locker Arenen wie die O2 World in Hamburg-Stellingen.

Die Kings of Leon werden gerne "die Söhne des Predigers" genannt, der Vater ist ein Hirte Gottes, was ist das denn bitte allein schon für eine Geschichte: frühere Kirchenchorknaben, die jetzt des Teufels sind und die Massen verführen; zur Ekstase und körperlichen Sinnenfreude. Die Geschichte ist deswegen so gut, weil sie etwas erzählt, das doch irgendwie rührend ist: "Back Down South" heißt das Herzweh-Stück, mit dem die Unterhaltungskünstler das letzte Drittel des Konzerts einläuten. Daheim ist es eben doch am schönsten, ganz egal, dass gerade eine überwältigende Menge erwartungsfroh und enthusiasmiert vor einem steht.

Man kann sich das Phänomen dieser einst als langhaarige Southern Rocker reüssierenden Musiker, die mittlerweile hymnischen Stadionrock machen, in seiner ganzen Pracht anschauen, wenn man einen Blick hat für die Kleinigkeiten. Die Welteroberer (die Konzerte in Übersee sind beinah alle ausverkauft) bekreuzigen sich auf der Bühne, während um sie, tatsächlich, eine tobende Menge Jubelwellen durch den Amüsiertempel schickt. Am Ende ballert es auf der Bühne los, die Pyrotechniker durften auch noch ran. Dabei hatte es bei den Kings of Leon doch vorher Knalleffekte genug gegeben, fünf Alben haben jetzt schon etliche Hits hervorgebracht.

Die Begeisterung der Besucher war schon sehr groß. So groß, dass alle wohl noch gerne mehr gehörten hätten als die mit 21 Songs voll gepackten anderthalb Stunden, die mit "Crawl" begannen und mit "Black Thumbnail" endeten. Seit ihrem Album "Only By The Night" ist die Band der Gebrüder Followill (verstärkt um einen Cousin) nicht mehr nur Eingeweihten bekannt, sondern auch dem gemeinen Rock- und Radiopublikum.

Kings of Leon, das ist die Band des ästhetisch keine Wagnisse eingehenden Fans, seine Hörgewohnheiten sind konventionell. Ihn dürstet nach Hymnen. Von KoL, wie Kings of Leon beinahe emblematisch genannt wird, gibt es Hymnen satt, und man muss schon verknöchert sein wie der Sachbearbeiter und Paragrafenreiter der Behörde, um bei "On Call" oder "Use Somebody" nicht beseelt und rockistisch zu breitbeinen und zu grölen.

Als vorletztes Stück schmetterten sie "Sex on Fire". Die Halle grölte, man selbst konnte allerdings nicht umhin, wie stets, wenn dieser Song gespielt wird, die alberne Privatübersetzung vor sich hin zu wispern: "Lalala, dein Geschlecht brennt ...". Es waren viele Kerle da, die sonst zu Arcade Fire oder Metallica gehen: Das ist in etwa die Schnittmenge, die die Massenbeglücker Kings of Leon bedienen. Noch mehr allerdings fiel der große weibliche Teil des Publikums ins Auge, manch eine schüttelte ihre Löwenmähne.