Der Chinese Ai Weiwei steht unter Hausarrest und sein Atelier soll abgerissen werden. Seine jüngsten Blog-Einträge könnten der Auslöser sein.

Hamburg/Peking. Es soll offenbar ein Warnschuss sein: Chinas bekanntester Konzeptkünstler Ai Weiwei , bei den Olympischen Spielen noch von der Führung der Kommunistischen Partei hofiert, wurde über das Wochenende unter Hausarrest gestellt. Ai hatte am Freitag über den Internetdienst Twitter mitgeteilt, dass er bis Sonntag um Mitternacht sein Haus in Peking nicht verlassen dürfe.

Hintergrund ist vermutlich, dass Ai Freunde und Bekannte zu einer "Abrissparty" in sein gerade fertiggestelltes Atelier in Shanghai eingeladen hatte. Mit dem Fest wolle er dagegen protestieren, dass die Behörden überraschend den Abriss anordneten - wegen angeblich fehlender Genehmigungen.

Dabei hatte die Stadt Shanghai Ai vor zwei Jahren sogar dazu gedrängt, das Atelier aufzubauen, um damit ein neues Künstlerviertel in der Stadt zu beleben. Am Freitag seien zwölf Männer in Zivil bei ihm aufgetaucht und hätten mit einem Lieferwagen die Zufahrt zu seinem Haus blockiert, erklärte Ai. Sie hätten ihm mitgeteilt, dass er Peking nicht verlassen dürfe.

Ai vermutet, dass die Abrissverfügung auch eine Quittung der Behörden für seine jüngsten Blog-Einträge sein könnte. Darin hatte Ai über den Rachemord eines Mannes an sechs Polizisten berichtet. Der Mann soll zuvor von der Polizei gefoltert worden sein. Auch vorher hatte sich Ai als Blogger unbeliebt gemacht. Er wetterte gegen die Todesstrafe und wehrte sich gegen die Internet-Zensur in China. Nach dem verheerenden Erdbeben in der Provinz Sichuan im Mai 2009 berichtete er über eigene Nachforschungen, warum mehr als 5000 Schulkinder unter schlecht gebauten Unterrichtsgebäuden sterben mussten. Dabei wurde er immer wieder von Behörden behindert, in Sichuan sogar zusammengeschlagen.

Warum er so lange unbehelligt blieb, konnte sich der bescheidene Künstler in einem Abendblatt-Interview vor einem Jahr selbst nicht erklären. Von der Staatsführung wurde er als Vorzeigekünstler gehandelt. Er war als künstlerischer Berater am Bau des Nationalstadions in Peking für Olympia beteiligt und war u. a. 2007 auf der documenta 12 in Kassel vertreten. Derzeit ist Peking allerdings hochgradig nervös: Die Ehrung des inhaftierten Dissidenten Liu Xiaobo mit dem diesjährigen Friedensnobelpreis steht bevor. Noch mehr Aufmerksamkeit für unbotmäßige Künstler ist unerwünscht.