Das Fernsehverhalten der Hamburger unterscheidet sich vom Rest der Deutschen. Die Hanseaten sind regelrechte Nachrichtenjunkies.

Hamburg. Es gibt Tage, an denen die Hamburger etwas ganz anderes sehen wollen als das übrige Deutschland. Der 14. Oktober war ein solcher Tag. Während der Rest der Republik "Das unglaubliche Quiz der Tiere" (ARD), "Die Bergwacht" (ZDF) und "Bones - die Knochenjägerin" (RTL)" guckte, schauten die Hamburger im NDR Fernsehen das "Hamburg Journal", die "Tagesschau" sowie im Ersten "Panorama". In den Top Five gab es nur zwei Überschneidungen mit dem übrigen Bundesgebiet: die RTL-Krimiserie "Alarm für Cobra 11", die in Hamburg auf Platz fünf und bundesweit auf Platz zwei kam, sowie die 20-Uhr-Ausgabe der ARD-"Tagesschau", die in beiden Fällen auf Rang drei lag.

Das Abendblatt hat die Quoten der Hansestadt und des Bundesgebiets zwei Wochen lang verglichen und festgestellt, dass sich das Fernsehverhalten der Hamburger von dem der Durchschnittsdeutschen in einigen Punkten signifikant unterscheidet. So sind die Hamburger an Informationssendungen jeder Art sehr interessiert. Vor allem aber sind sie Nachrichtenjunkies.

Das wird schon daran deutlich, dass die 20-Uhr-Ausgabe der "Tagesschau" am 14. Oktober im dritten Programm in Hamburg einen Marktanteil von 22,2 Prozent erzielte, während sie zur gleichen Zeit im Ersten auf 18,9 Prozent kam. Insgesamt lag sie also bei einem Marktanteil von 41,1 Prozent. Für eine Nachrichtensendung ist das eine sehr hohe Quote. "Das große Interesse an Informationsformaten ist auch darauf zurückzuführen, dass sehr viele Hamburger in den Medien arbeiten", sagt Uwe Hasebrink, Direktor des Hans-Bredow-Instituts. "Sie müssen schon aus beruflichen Gründen stets auf dem Laufenden bleiben."

Weniger erklärungsbedürftig ist die große Vorliebe der Hamburger für Sendungen, die irgendeinen Bezug zu ihrer Heimatstadt haben. So erreichte das "Großstadtrevier" am 18. Oktober in Hamburg einen Marktanteil von 18,7 Prozent, während es bundesweit nur auf 12,3 Prozent kam. Noch größer war der Abstand zwischen Hamburger (23,9 Prozent) und gesamtdeutscher Quote (14,2 Prozent) beim "Notruf Hafenkante" am 21. Oktober. Und auch Starkoch Tim Mälzer genießt beim TV-Publikum der Hansestadt einen Heimbonus: Sein "Deutschland isst ..." kam am 25. Oktober in Hamburg auf einen Marktanteil von 21,2 Prozent, sonst aber nur auf 12,7 Prozent.

Hamburger mögen auch Krimis. Ob "Tatort", "Siska" oder "CSI Miami" - die Quoten sind meist höher als anderswo. Eine Erklärung dafür gibt es nicht.

Überhaupt weiß die Medienwissenschaft relativ wenig über das Fernsehverhalten des Hamburgers. Im Schnitt sitzt er 225 Minuten am Tag vor der Glotze. Das ist etwas mehr als der bundesdeutsche Durchschnitt, der bei 212 Minuten liegt. Überraschend ist das nicht. Alle drei deutschen Stadtstaaten liegen in puncto TV-Konsum über dem Schnitt, wobei die Hamburger etwas weniger als Bremer und Berliner fernsehen. Untersucht man wiederum das Fernsehverhalten von Kindern im Alter von drei bis 13 Jahren, ist die Verweildauer des Hamburger Nachwuchses vor dem TV-Gerät noch vergleichsweise maßvoll. Sie liegt bei 80 Minuten und damit elf Minuten unter dem deutschen Durchschnitt.

Ein Problem gibt es aber bei all diesen Untersuchungen: In gerade mal 225 Hamburger Haushalten misst die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) die Quoten. Das ist für Marktforscher eine sehr geringe Fallzahl. Deshalb stützen sich die Regionalprogramme von Sat.1 und RTL sowie Hamburg 1 in eigenen Untersuchungen auf Telefoninterviews des Instituts Psephos. Bundesweit ausgestrahlte Programme werden dabei aber nicht berücksichtigt. Zudem dürften Messungen mit dem GfK-Quotenmeter zuverlässiger sein als Telefoninterviews. Für die Medienwissenschaft müsste das bislang nur wenig bekannte Fernsehverhalten der Hamburger ein ziemlich interessantes Forschungsfeld sein.