“Kongo“ erzählt von der Mission einer Feldjägerin zwischen Kriminalarbeit und Verantwortung inmitten von Testosteron und Trostlosigkeit.

Hamburg. Zur besten Sendezeit nimmt das Fernsehen gern Kommissare mit schrägen WG-Mitbewohnern ins Programm. Wanderhuren oder Frauen in der Midlife-Crisis. Auch Afrika macht sich gut auf deutschen Bildschirmen - aber bitte mit Christine Neubauer als Farmerin vor Sonnenuntergängen, auf Safaris und bei singenden Buschkindern. "Kongo", den das ZDF am Montag um 20.15 Uhr zeigt, ist anders. Ein Kriegsdrama, das verstört und nachdenklich macht. Das von Menschen in unmenschlichen Situationen erzählt und davon, wie sie unter Druck reagieren.

Regisseur Peter Keglevic, Autor Alexander Adolph und Produzent Christian Granderath, seit Oktober NDR-Fernsehspielchef, schildern einen (fiktiven) Auslandseinsatz deutscher Soldaten, die im Ostkongo stationiert sind. Inmitten dieser trostlosen Realität aus Armut, Angst und Angriffen soll die Feldjägerin Nicole Ziegler (Maria Simon) den mutmaßlichen Selbstmord eines Soldaten aufklären. Zu sagen, sie sei nicht willkommen in dem testosteronaufgeheizten Umfeld, ist milde ausgedrückt. Hauptmann Kosak (Jörg Schüttauf), Wortführer und Vordenker der Kompanie, reckt schon bei der ersten Begegnung sein Kinn vor wie ein angriffslustiger Wachhund und bellt seine Instruktionen heraus. Die Reisende solle sich doch ein bisschen frisch machen, anschließend das Suizid-Protokoll unterschreiben, das wär's, schönen Dank auch. So läuft das in Kosaks Welt. In der von Nicole Ziegler nicht.

"Kongo" ist aufgebaut wie ein klassischer Krimi. Nur haben die Ermittlungen wenig mit dem zu tun, was man aus hiesigen Polizeirevieren kennt. Es gibt keine Augenzeugen, Diskretion ist oberstes Gebot, was den Selbstmord des Kameraden angeht - und erst recht das Video, das die Feldjägerin auf dem Handy des Toten entdeckt und das die Hinrichtung eines afrikanischen Jungen zeigt. Die Abwehr zählt, haben die Soldaten gelernt, sei es mit Schusswaffen oder verhärteten Blicken. "Ihr Verhalten ist demoralisierend für die Truppe - und es ist schon schwer genug", muss sich die Ermittlerin vorwerfen lassen. Der Störenfried im Lagerkollektiv.

Während der Drehbuchentwicklung sprachen Adolph und Granderath mit Bundeswehrsoldaten, die im Kongo oder in Afghanistan gekämpft haben - diesen Informationen verdankt der Film seine authentische Anmutung. Mehr noch als um Detailwissen über einen Krieg in einem fremden Land geht es den Machern um die emotionale Ebene. Um den Krieg gegen die eigenen Ängste und die Ohnmacht, die einen überkommt, wenn man als Soldat in einem Krisengebiet stationiert ist. Um diesen Kern herum agieren die sorgfältig gezeichneten Charaktere.

Da ist zunächst einmal die großartige Hauptdarstellerin, die mit klebrigen Haarsträhnen im dauerverschwitzten Gesicht eine fast unmenschliche Kraft aufwenden muss, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht ob all der Feindseligkeiten die Koffer zu packen.

Nicht aus "300 Prozent Ehrgeiz" besteht sie, wie Hauptmann Kosak vor versammelter Mannschaft pestet, im Gegenteil: Die junge Frau befindet sich schon nach wenigen Tagen in der verzwickten Lage, sich für eine Handvoll Menschen verantwortlich zu fühlen: für die Frau des Toten, für eine afrikanischen Übersetzerin, für ihren Kollegen (Maximilian Brückner), der anfangs noch alles "Rock' n' Roll" findet, Safaritour mit anschließendem Feierabendbierchen, in Wahrheit aber hoffnungslos überfordert ist mit dem Einsatz. Feldwebel Marco (David Rott) hingegen steht derart unter Dampf, dass ihm die bindfadendünnen Nerven reißen, wenn jemand seinen Job infrage stellt. Er ballert nicht in der Gegend herum, stellt er klar, er kämpft in einem Bürgerkrieg mit Millionen Toten.

Gedreht wurde "Kongo" in Südafrika, das Lager in Kapstadt gebaut, der Dschungel im 1500-Seelen-Dorf Port St. Johns gefunden. Die Kamera von Busso von Müller streift entlang subtropischer Regenwälder, Schilfgräsern im Wind, staubiger Straßen. Das Feldlager der Truppe ist zugleich schützendes Gebiet vor Kindersoldaten und der gequälten Zivilbevölkerung und kalte Schlafstätte, in der die Dusche nicht funktioniert und die Simulation eines Zuhausegefühls schon gar nicht. Das lässt die Sinnlosigkeit dieses Daseins nur umso schmerzlicher hervortreten.

Kongo Montag, 18.10., 20.15 Uhr, ZDF