Mit der Premiere von Richard Wagners “Götterdämmerung“ endet an diesem Sonntag Claus Guths Hamburger “Ring“ an der Staatsoper

Hamburg. "Ich halte nichts davon, dass man einfach mal nur die Geschichte erzählen will. Dafür ist das Material zu explosiv." Als der Regisseur Claus Guth vor zweieinhalb Jahren erste, gut verklausulierte Auskünfte über seine Entdeckungsreise durch Wagners "Ring"-Welten gab, durfte man, frei nach dem stabreimenden Gesamtkunstwerker aus Bayreuth, noch fragen, wie das wohl wird. Und ob es denn wohl wirklich so mitreißend und unwiderstehlich knallt, wie ersehnt. Ob Hamburg sich damit endlich wieder auf der Welt-Karte der Opern-Branche zurückmeldet.

Drei Dammtorstraßen-Premieren später - nicht alle davon durch und durch gelungen oder tadellos gesungen - bleibt nur noch eine entscheidende Frage für den auf Horizonterweiterung hoffenden Wagnerianer zu klären: Wie schließt sich dieser schon so oft abgeschrittene Kreis, wird es doch noch eine runde Sache oder endet es mit einem bescheidenen Böllerchen?

Als Begleiterin hat Guth die Hamburger Generalmusikdirektorin Simone Young, der man vieles nachsagen kann, nur eines garantiert nicht: ein Mindermaß an inbrünstiger Wagner-Begeisterung.

Damals, als noch alles offen war, wusste der vielgebuchte Regisseur, der zwischenzeitlich auch in Bayreuth, Zürich oder Wien engagiert war und bei den Salzburger Festspielen gleich einen ganzen Mozart-Zyklus stemmte, noch kein Schlussbild für die "Götterdämmerung", das ihm sein Stamm-Bühnenbildner Christian Schmidt umsetzen würde.

Guth ließ lediglich durchblicken, dass ihn der "alte Kapitalismus- und Faschismusbezug" weniger interessiert als das "Nachdenken über das Phänomen Utopie". Dieses Nachdenken über die inneren Zusammenhänge hatte ihm schließlich auch nach seiner hochgelobten Hamburger Inszenierung von Verdis "Simon Boccanegra" den Weg zum Allerheiligsten, dem "Ring", geebnet.

Nach dem "Rheingold" räumte er allerdings bei einem Gespräch in Salzburg ein, da seien die "comedyhaften Elemente" vielleicht etwas zu sehr mit ihm durchgegangen. Diesen "Ring"-Auftakt hatte er im März 2008 als Familiendrama auf zwei Etagen präsentiert - oben die kleinbürgerlich müffelnde Welt der Götter, die sich in Vertragsbrüche und Intrigen verstricken. Dazu im Souterrain die finstere Unterwelt Nibelheim mit Fiesling Alberich. Im Oktober 2008 folgte eine blässliche "Walküre", die Fragen und Wünsche nach Neudeutung und Wegweisung offen ließ; der bislang stärkste Teil der Tetralogie war der "Siegfried" im Oktober 2009, wo der größte Held als verzogener Teenager die Bildfläche betrat und sich dann im Verlauf des Abends sehr ordentlich mauserte.

Dass das ungleich kleinere Opernhaus in Lübeck mit einem eigenen "Ring"-Zyklus stets einige Monate (und viele gute Ideen für alle vier Teile) voraus war, hat das Regie-Team in Hamburg hoffentlich angespornt, auf der Zielgeraden an dramatischer Wucht, erzählerischer Kohärenz und inszenatorischer Schlüssigkeit zuzulegen. Auch bei der Güte des Sängerensembles konnte sich die Konkurrenz von der Trave jedem Vergleich sehr gelassen stellen.

Das war's nun mit Wagner für Claus Guth? Keineswegs. Das Auftragsbuch auf seiner Homepage, wie ein Fieber-Thermometer gestaltet, verweist als Spitzenwert auf den 20. Februar 2011. Gran Teatre de Liceu, Barcelona, ein "Parsifal". Wagner im Vollbild. Guth bleibt also vorerst weiter infiziert vom Wagner-Wahn.

Premiere: 17.10., weitere Vorstellungen: 21., 27., 31.10., 7., 14.11., jeweils 17 Uhr. Kartentel. 35 68 68. Infos: www.ring-hamburg.de