“An so einem Ort werden wir es etwas ruhiger angehen lassen“: Die US-amerikanische Band Wilco überzeugte in der Hamburger Laeiszhalle.

Hamburg. Als Jeff Tweedy zum Soundcheck in die Laeiszhalle kam, war er überwältigt von der Pracht des vor mehr als 100 Jahren erbauten Konzerthauses. "An so einem Ort werden wir es etwas ruhiger angehen lassen", sagte er. Ein Vorsatz, der Gültigkeit nur bis kurz vor Ende des Songs "Sunken Treasure" besaß, mit dem Wilco ihren Auftritt in der nicht komplett ausverkauften Halle begonnen hatte. Der mit moderater Lautstärke gespielte Song wuchs in den letzten Takten zu einem orkanartigen Getöse an.

In den folgenden zwei Stunden gab es immer wieder Blöcke, bei denen die sechs Musiker über Jeff Tweedys hübsche Melodien ganze Türme an Geräuschen und Rückkoppelungen aufbauten, so als wollten sie die Schönheit der Lieder zerstören. Das Publikum raste angesichts dieses Wechsels aus extrem laut und leise, viele sprangen immer wieder von ihren Sitzen und beklatschen diese dynamische Achterbahn mit über den Kopf erhobenen Händen. Eine Alternative-Country/Folk-Gruppe wie bei ihrer Gründung Mitte der 90er-Jahre sind Wilco schon lange nicht mehr. Seit dem Album "Yankee Hotel Foxtrot" von 2002 begann die Band aus Chicago mit elektronischen Samples zu experimentieren, live hat sie sich zu einer Post-Rock-Combo mit komplexen Kompositionen entwickelt.

Vor allem Gitarrist Nels Cline hatte großen Anteil an der zerstörerischen Wucht des Ensembles. Dennoch waren Tweedys dunkle Texte in jedem Augenblick dieses außergewöhnlich dichten Konzerts zu verstehen. Jede Zeile von "Impossible Germany", "Via Chicago" oder "I Am Trying To Break Your Heart" erreichte die Zuhörer dank des glasklaren Sounds. Der mitwippende Tontechniker am Mischpult hatte bei seinem perfekten Job genauso viel Spaß wie jeder in der Halle.