Nach dem Aus für den “Rheinischen Merkur“ ab 2011 schlingert nun auch der “Bayernkurier“. Nur der Wochenzeitung “Zeit“ geht es besser denn je.

Hamburg. Die Fakten sprechen für sich: Seit 1989 sind fünf Wochenzeitungen vom Markt verschwunden. Den Anfang machte das SPD-Blatt "Vorwärts", das seit 1989 nur noch monatlich erscheint. 1996 wurde die "Wochenpost" eingestellt. Vier Jahre später segnete das von der evangelischen Kirche herausgebrachte "Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt", das trotz seines Namens freitags herauskam, das Zeitliche. 2002 erschien "Die Woche" ein letztes Mal.

Am Dienstag wurde nun bekannt, dass es den "Rheinischen Merkur" als eigenständigen Titel ab 2011 nicht mehr geben wird. Dann wird aus der katholischen Wochenzeitung eine sechsseitige Beilage der "Zeit". Und schon jetzt zeichnet sich die nächste Einstellung ab: Zwei CSU-Kreisverbände wollen dem defizitären "Bayernkurier" an den Kragen, um eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zu verhindern. Sollte das Parteiblatt tatsächlich eingestellt werden, wäre die "Zeit" die letzte werktags erscheinende deutsche Wochenzeitung - von Nischenblättern mit einer Auflage von weniger als 50 000 Exemplaren einmal abgesehen wie etwa der linken "Jungle World", der rechten "Jungen Freiheit" oder dem ambitionierten "Freitag" des Verlegers Jakob Augstein. Nicht betroffen von dem Abwärtstrend sind Sonntagsblätter wie "Welt am Sonntag", die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" oder "Bild am Sonntag". Der Sonntagsmarkt hat seine eigenen Gesetze.

Was ist aber der Grund für das Titelsterben bei den übrigen Blättern? "Alles, was inhaltliche und ideologische Bindungen hat, verfängt im Markt nicht mehr", sagt der Dortmunder Medienwissenschaftler Horst Röper. Darunter leidet die konfessionelle Presse - also Blätter wie das "Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt" und der "Rheinische Merkur" - ebenso wie Parteizeitungen wie der "Vorwärts" und der "Bayernkurier". Auch das Aus der "Wochenpost" lässt sich noch vergleichsweise einfach erklären: Im wiedervereinigten Deutschland war für die Zeitung, wie für viele andere ehemalige DDR-Blätter auch, einfach kein Platz mehr.

Anders verhält es sich mit der "Woche", deren journalistische Qualitäten als hervorragend galten. Als erste Wochenzeitung erschien sie durchgehend im Vierfarbdruck. Ihrer Zeit war sie weit voraus. Womöglich zu weit? Erstaunlich ist, dass die 1993 gegründete Zeitung nicht davon profitieren konnte, dass die "Zeit" in den 90er-Jahren in der Krise steckte. Sie galt als vermufftes Blatt für Oberstudienräte. Roger de Weck, der 1997 die Chefredaktion übernahm, verordnete der Zeitung eine Verjüngungskur, die zunächst jedoch zu Auflageneinbußen führte, weil sie alte Leser abschreckte. Das Blatt hielt aber auch unter den Chefredakteuren Josef Joffe und Michael Naumann sowie unter dem seit 2004 amtierenden Giovanni di Lorenzo an diesem Kurs fest. "Roger de Weck hat die Bunker gesprengt", sagt "Zeit"-Geschäftsführer Rainer Esser. "Josef Joffe und Michael Naumann konnten darauf aufbauen. Und Giovanni di Lorenzo erfindet mit neuen Ressorts, neuen Themen und dem ,Zeit-Magazin' das Blatt immer wieder neu."

Die Anstrengung hat sich gelohnt: Von der "Zeit" werden - trotz Medienkrise - Woche für Woche mehr als 500 000 Exemplare verkauft. "Wir haben immer in Redaktion und Verlag investiert, statt den Gewinn kurzfristig zu maximieren", sagt Esser. Die "Zeit" ist der Beweis, dass sich Investitionen von Zeitungsverlagen in Qualitätsjournalismus auch im digitalen Zeitalter auszahlen. Das langsame Verschwinden anderer Wochenzeitungen beunruhigt Esser nicht. "Unsere Wettbewerber im Leser- und im Anzeigenmarkt sind auch die wöchentlich erscheinenden Zeitschriften", sagt er selbstbewusst. Er meint Titel wie "Spiegel", "Stern" und "Focus".