Hornspielen ist körperliche Schwerarbeit, der 28 Jahre alte Ungar Dániel Ember gewann dafür einen Preis beim Musikwettbewerb der ARD.

Hamburg. Der junge Mann verzieht keine Miene zu viel hinter seiner Brille. "Lächeln Sie doch mal", bittet der Fotograf. Als wäre die Fotositzung ihm unbehaglich, fasst Dániel Ember mit dem dichten schwarzen Haar sein Waldhorn noch ein wenig fester: "Ich versuche es."

Am liebsten lässt sich der 28 Jahre alte Ungar noch beim Hornspielen fotografieren. Beim Musizieren ist er hörbar in seinem Element, so warm leuchtet sein Ton, so mühelos elegant artikuliert und lebendig gestaltet er - ob er nun ein Hornkonzert von Joseph Haydn oder den Schmachtfetzen des russischen Nationalromantikers Reinhold Glière auf dem Pult hat.

Der Jury des Internationalen Musikwettbewerbs der ARD ist Embers Spiel den zweiten Preis wert gewesen - eine Art Silbermedaille des Musikbetriebs. Einen Tag nach dem letzten Preisträgerkonzert Anfang September hat er schon wieder in der Staatsoper seinen Dienst als Solohornist der Philharmoniker Hamburg versehen, mit Donizettis "Lucia di Lammermoor" und nachher noch ein paar Extraschmankerl bei der Theaternacht.

Kein schlechtes Programm für einen Hornisten. Hornspielen ist körperliche Schwerarbeit. Wegen des engen Mundstücks ist der Ton gerade in den höheren Lagen, in denen sich ein Solohornist nun einmal meist tummelt, ständig vom Absturz bedroht. Hornisten müssen den Luftstrom minutiös kontrollieren und stabil halten. Auch bei trainierter Lungen- und Gesichtsmuskulatur sind die gefürchteten "Hornkiekser" nahezu unvermeidlich. Die konnten in den Frühzeiten der Schallplatte, als man noch ohne Korrekturmöglichkeit direkt ins Reine spielte, ganze Sinfonieorchester samt Dirigenten und Aufnahmeteam zur Verzweiflung bringen.

"Ich war froh, dass der ARD-Wettbewerb nicht mitten in der Saison war", sagt Ember. Er spricht mit wenig Akzent; nur dass er viele Worte auf der ersten Silbe betont, verrät den Ungarn. "Wenn ich zwischendurch noch ,Götterdämmerung' hätte proben müssen, hätte ich ein Konditionsproblem gehabt." Den Wettbewerb hat er mit seiner Professorin Marie-Luise Neunecker vorbereitet, bei der er an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin studiert. Vier bis fünf Stunden täglich hat er geübt. Im Alltag dagegen übt er eine Stunde - oder begnügt sich gleich mit dem Dienst in der Oper. Das reicht ihm offenbar, um in Form zu bleiben. "Dániel kann alles", sagen Kollegen.

Das würde Ember natürlich nie zugeben. Er drückt es so aus: "Die Ausbildung in Ungarn ist sehr gut." Studiert hat er an der ungarischen Eliteschmiede, der Franz-Liszt-Musikakademie in Budapest. Wie alle Studenten musste er dort mit Einschränkungen zurechtkommen, die an einer deutschen Musikhochschule unvorstellbar sind. Weil es nicht genug Räume gab, übte man eben schon mal zu mehreren Hornisten in einem Raum: "Das fördert die Flexibilität", sagt Ember und lacht, "man lernt voneinander."

Dass es in Deutschland Standard ist, ein teures Horn des Mainzer Herstellers Alexander zu spielen, findet er übertrieben. "In Ungarn musste es einfach nur irgendein Horn sein. Wir haben oft auf ziemlich schlechten Instrumenten spielen müssen. Aber das hat uns herausgefordert, einen eigenen Klang zu entwickeln."

Ember ist der einzige Musiker in seiner Familie. Seine Eltern haben ihn aber von klein auf unterstützt, seine Hornlehrerin erst recht. Gefragt, wann seine außergewöhnliche Begabung aufgefallen sei, wird Ember streng: "Ich bin nicht außergewöhnlich begabt! Ich übe, kaufe mir CDs und beschäftige mich mit der Musik."

Das mag glauben, wer will - Embers Erfolge sprechen für sich. Mehrere erste Preise hat er als Student abgeräumt, etwa beim Londoner "International Paxman Horn Competition". 2005, mit 23 Jahren, kam er an die renommierte Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker und 2007 nach Hamburg.

Heim zu ihren Familien fahren er und seine Frau, eine ungarische Fagottistin, nur noch selten. Der nächste Besuch wird wohl noch ein wenig dauern, denn gerade haben die beiden ihr erstes Kind bekommen, einen Jungen.

Ember erwähnt es nur mit knappen Worten. Aber er strahlt.

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