In zehn Jahren schaffte es der von Maryn Stucken gegründete Lichthof von einer Amateurwerkstatt zum professionellen Theaterlabor.

Hamburg. Von einem Theater ist nichts zu sehen. Stattdessen geben Boxer hinter der Glasscheibe im Erdgeschoss eine Sparring-Vorstellung. Daneben im Schaufenster stellen schwitzende Kerle ihre Muskelkraft zur Schau. Kampfkunst statt Bühnenkunst? Das Lichthof-Theater befindet sich im zweiten Stock des Hinterhauses an der Mendelssohnstraße 15 in Bahrenfeld. Die Treppen hoch, vorbei an einer Yoga-Schule, ist es direkt neben der Bildkunst-Akademie gelegen. Eigentlich logisch. Die Mal- und die Körperkünste haben in gewissem Sinn auch etwas mit Theaterkunst zu tun.

Seit zehn Jahren logiert die von Maryn Stucken 1994 gegründete Experimentalbühne in der ehemaligen Fabriketage. Das neu gestylte Foyer - ziemlich retro in Orange-Schokobraun mit den Tütenlampen aus den Fünfzigern - empfängt zur Jubiläumsspielzeit. Nicht nur äußerlich hat sich die seit 2009 mit 44.000 Euro jährlich subventionierte Privatbühne verändert. Matthias Schulze-Kraft, Dramaturg und Regisseur, mit Stucken und Geschäftsführerin Monika Vogt bereits im Leitungsteam, hat die künstlerische Verantwortung übernommen. Maryn Stucken steht ihm noch als Beraterin zur Seite, widmet sich künftig dem Inszenieren.

Auch strukturell hat sich der Lichthof durch die Trennung von Theater und Produktion verändert. Der Verein ist für die Räume und Gastspiele zuständig, die neu gegründete Lichthof Productions GmbH für die Eigenproduktionen. Denn deren Anzahl ist von drei auf sechs bis acht pro Spielzeit gestiegen. Zur Förderung des Theaternachwuchses wurde zusätzlich die Lichthof-Stiftung gegründet. Auch das Verhältnis von Laien- zu Profi-Schauspielern hat sich verschoben. Es liegt etwa bei 50:50, wobei alle Projekte nur von Profi-Künstlern betreut werden - auch im Fall der 2003 gegründeten Jugendgruppe Lichthof-Youngsters.

"Der Jubiläumsspielplan spiegelt unsere Programmpunkte und Partnerschaften", sagt Matthias Schulze-Kraft. "Wir beginnen mit dem Start-Off-Projekt 'Acht Pfund Welt' von fünf Nachwuchsregisseuren, alle Diplomanden der Theaterakademie." Im Start-Off-Programm unterstützt der Lichthof den Theaternachwuchs am Übergang vom Studienabschluss zum Beginn der Berufslaufbahn in Kooperation mit der Theaterakademie und der Hamburgischen Kulturstiftung.

Ein Paradebeispiel ist die Autorin und Regisseurin Nino Haratischwili. Sie startete im Lichthof mit ihren Uraufführungen von "Agonie" und "Algier" durch. Die mehrfach ausgezeichnete Dramatikerin bleibt dem Haus treu und bringt am 19. November im Lichthof ihr neues Stück "Das Jahr von meinem schlimmsten Glück" zur Uraufführung.

In "Acht Pfund Welt" inszenieren die Regieabsolventen Georg Dittrich, Babett Grube, Gernot Grünewald, Christopher Rüping und Ivna Zic die "Anatomie eines Tages" (ab 3.9.). Gero Vierhuff zeigt seine Bühnenversion nach Sydney Lumets Film "Hundstage" (ab 24.9.) und Erla Prollius inszeniert Christopher Durangs "Steh auf, Daisy!". Maryn Stucken arbeitet an einem Projekt über Südafrika und Europa.

Warum nannte sie das Theater Lichthof? "Nach dem Probenraum der ersten Stunde", sagt Stucken. Ihre Theaterwerkstatt befand sich im Lichthof der Alten Dosenfabrik an der Stresemannstraße. Von da aus boxte die Theatermacherin konsequent ihren Traum vom Kreativkollektiv durch. Mit Erfolg.

Acht Pfund Welt: 3.9., 20.15, Lichthof, Karten unter Telefon 85 50 08 40; www.lichthof-hamburg.de