Die Zeiten, in denen Dirigentenpodien als Feldherrenhügel missbraucht wurden, sind vorbei. Der Maestro von heute muss Gruppendynamiker sein, denn Alleinherrscher lassen Orchester nur zu gern ins Leere rumpeln. Doch bei Christoph Eschenbach, der gerade die Eröffnungskonzerte des Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) dirigierte, kann man sich auch mit viel Fantasie nicht vorstellen, dass er laut oder sonstwie unangenehm wird, um seinen Willen zu bekommen. Einer wie er muss nicht das letzte Wort haben, sondern das bestmögliche. Das ist schwieriger, aber auf lange Sicht lohnender.

Diese Weitwinkelperspektive hat dafür gesorgt, dass der ehemalige Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters dem SHMF seit dessen Gründung vor 25 Jahren freundschaftlich verbunden ist. Viele kamen und gingen, Eschenbach blieb, trotz der internationalen Verpflichtungen. Anfangs als Mit-Motor, später auch als Mit-Chef, inzwischen als "Principal Conductor" des internationalen Jugendorchesters, das in Salzau probt. Dort wird Eschenbach am Wochenende zum 70. gratuliert.

Eschenbach hat lange in den USA gelebt, ebenso in Paris. Sein Privatleben bleibt privat, typisch für einen wie ihn, dem es um die Kunst- und nicht um die Selbstdarstellung geht. Vor sehr langer Zeit hatte er längere Haare, jetzt kennt man ihn als Charakterkopf mit klaren Konturen. Der Ort, den er Zuhause nennt? "Mein Herz."