Der Berliner ist Türsteher in dem trendigen Techno-Club “Berghain“ - und er ist Fotograf. Auf seinen Bildern vermischt sich beides.

Sven Marquardt ist eine Bekanntheit im Berliner Nachtleben, und vielleicht erkennt den tätowierten 48-Jährigen sogar der ein oder andere Deutschland-Besucher aus New York, Madrid oder Rom wieder, wenn ihm dieses Buch in die Hand fällt. Denn Marquardt ist nicht nur Fotograf, sondern auch Türsteher im Berghain. Das ist, wer es nicht wissen sollte, der angesagteste Techno-Club des Universums. Wer hier rein will, muss an Marquardt vorbei. Er steht ab null Uhr da, er pflegt wie alle Türsteher einen rauen Charme. Im Berghain am Ostbahnhof ist er besonders rau. Marquardt, in Pankow geboren, hat auch als Türsteher in Schöneberg und Kreuzberg gearbeitet, das prägte ihn eher nicht. Seine Werkschau mit dem hübschen Titel "zukünftig vergangen. Fotografien 1984-2009" ist vor allem interessant, weil sie in zwei Teile zerfällt. In der DDR fühlte sich der schwarzweiß Fotografierende vom Exotischen angezogen: Seine Models sind schrill inszeniert.

In der wiedervereinigten Republik blieb seine 80er-Jahre-Ästhetik dieselbe, und auch die sinnlichen und herausfordernden, fetischbezogenen Motive unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen der Vorwendezeit. Mit dem Unterschied aber, dass beinahe alle auf den kühlen Fabriketagen des Berghains fotografiert wurden. Der Fotograf fragt meistens seine Freunde um Mithilfe, seltener bucht er Models aus Agenturen. Die Bilder sind hart und von einer vollendeten Strenge, sie sind düsterromantisch und auch dekadent. Aber das ist ja irgendwie alles, das seinen Selbstzweck in der ästhetischen Darreichung hat. Die Fotos repräsentieren die dunkle Seite. Kaum je wird auf ihnen gelacht, und man sieht fast kein Gramm Fett. Marquardt ist der Hausfotograf des Plattenlabels Ostgut Ton. Um Glamour geht es auch da nicht.

Sven Marquardt zukünftig vergangen. Fotografien 1984-2009. Mitteldeutscher Verlag, 120 Seiten. 22 Euro