Ein richtiger Marxist war Fritz Teufel nie, er war Politclown und Spaßguerilla. Der Ex-Kommunarde starb 67-jährig in Berlin.

Heute kann man sich kaum vorstellen, wie provozierend Fritz Teufel vor gut 40 Jahren auf die Gesellschaft wirkte. Ein Mann mit Bart, John-Lennon-Brille, Zottelhaaren und Fellmantel, der oft etwas Witziges sagte und 1967 eine Kommune gründete. Unfassbar war das damals, als in Deutschland Männer noch mit Hut auf die Straße gingen, ihrer Frau verbieten durften zu arbeiten und allen, die anders dachten, wütend "Geht doch nach drüben!" entgegenriefen. Fritz Teufel sah irgendwie aus wie ein lieber - heute würde man sagen "gechillter"- Waldschrat. Scheinbar nebenbei hat er damit einen Typus kreiert, denn noch jetzt laufen viele so rum. Aber heute darf ja selbst die First Lady ein Tattoo tragen.

Dass Spaß, Satire, Sprach- und Nonsenskomik intelligente Gesellschaftskritik sein können, hat Fritz Teufel als Erster verstanden. Lange vor der Neuen Frankfurter Schule von Robert Gernhardt, Bernd Eilert oder Traxler. Teufel war der Politclown, eine Rolle, die er lebenslang weiterspielen sollte. Als Protest gegen den Vietnamkrieg warf er 1967 mit einem Pudding auf den US-Vizepräsidenten Hubert Humphrey. Und bekam eine Anklage als Attentäter. In der damaligen Bundesrepublik war er ein Paradiesvogel und Bürgerschreck. Er selbst sah sich als Spaßguerilla. Der Schwabe war neben dem agitierenden und ernsten Rudi Dutschke und dem verschrobenen Rainer Langhans der bekannteste Vertreter der Berliner Studentenrevolte. Und er hat den Deutschen, die sich nie über das Paradox gewundert haben, dass ein Angeklagter sitzen muss, wenn er gestanden hat, den unvergessenen Satz geschenkt "Wenn's der Wahrheitsfindung dient", als er von einem Richter bei einem Verfahren dazu aufgefordert wurde, aufzustehen. Gestern ist Teufel, der seit langem an einer Parkinson Erkrankung litt, 67-jährig in Berlin gestorben.

Fritz Teufel, ein eher schüchterner, sanfter Typ, saß insgesamt acht Jahre seines Lebens in Haft, einige davon im Hochsicherheitstrakt. Die meisten davon unschuldig. Sein erster Gefängnisaufenthalt, der am Abend des Todes von Benno Ohnesorg, am 2. Juni 1967 erfolgte, brachte ihn 148 Tage hinter Gitter, bevor er freigesprochen wurde. Als er frei kam, war Teufel eine Ikone. 1975 saß er 1638 Tage im Gefängnis, bevor er ein lückenloses Alibi präsentierte. "Ich wollte mich im Knast noch ein bisschen amüsieren", sagte er, "so konnte ich zeigen, wie ein Angeklagter für definitiv nicht begangene Taten vorverurteilt wurde und wie das System funktionierte." Stoisch kommentierte er später: "Knast gehörte damals zu revolutionären Sozialisation."

Danach hat er sich offiziell vom bewaffneten Kampf losgesagt und das Fahrrad entdeckt. Neun Jahre lang war er als Fahrradkurier in Berlin unterwegs. Ein Jahr arbeitete er in London als Bäcker. Über seinen ehemaligen Mitkommunarden Rainer Langhans, der als enthaltsamer Kräuterapostel in einem Harem lebt, hat Teufel sich einmal lustig gemacht: "Rainer kann natürlich wunderbar mit einem Apfelschnitz kommunizieren oder sich mit Tomatenachteln unterhalten." Die Zeit der Kommune 1, in der "ein dummes Huhn wie Ursel Obermeier als Sexgöttin ausgerufen wurde", sah er zuletzt in einem milden Licht : "Wir waren keine Krieger", hat Teufel noch im Januar dieses Jahres in einem Interview erklärt. "Wir waren eher Blues Brothers oder Stadtindianer, kurz vor der Einweisung in ihre Reservate." Und ein richtiger Marxist sei er auch nie gewesen. "Mit einem Ohr habe ich den politischen Diskussionen zugehört, ein anderer Teil von mir wollte lieber schmusen. Es war einfach eine tolle Zeit. Wir waren jung, unbekümmert, fröhlich. Es herrschte eine unglaubliche Aufbruchstimmung und diese hippiemäßige Zärtlichkeit", sagte Teufel.

Zu seinen bekanntesten Aktionen zählt ein Auftritt, den er 1982 in der Talkshow "3 nach 9" hatte. Das Gespräch drehte sich um das Thema "Gutes Benehmen". Man sprach über den richtigen Gebrauch von Korkenziehern und Servietten. Da sagte Teufel: "Ich möchte jetzt mal was anderes machen" - und spritzte den deutschen Finanzminister Hans Matthöfer mit einer Wasserpistole und Zaubertinte nass. Matthöfer goss ihm daraufhin ein Glas Rotwein über die Brust. Als die Flecken auf Matthöfers Hemd verschwanden, Teufel aber rot befleckt blieb, entschuldigte sich der Minister. Teufel freute sich: "Ich hab den Herrn mal aus der Reserve gelockt, der für Hochsicherheitstrakte zuständig ist."

Seit zehn Jahren litt Teufel an Parkinson. Vor drei Jahren unternahm er deshalb einen Suizidversuch. Er konnte nur noch schwer laufen, bewegte sich "wie ein Wackelpudding". Bis zuletzt wollte er seine drei Leidenschaften nicht aufgeben: Die Liebe, das Fahrradfahren und das Tischtennisspiel. "Radfahren funktioniert besser als gehen. Nach einer Stunde Ping-Pong kommen Körper und Nerven zur Ruhe", sagte er. Und "ich war immer anfällig für die Liebe. Vor Jahren habe ich überlegt in ein ehemals besetztes Haus zu ziehen. Aber dort lebten so viele Frauen, da hätte ich mich alle vier Wochen neu verliebt." Seine Freundin Helene Lollo mit der er im Wedding als Rentner lebte, war bis zuletzt an seiner Seite.