Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein feiert heute ihren 30. Geburtstag. Sie förderte Erfolgsregisseure wie Hark Bohm.

Hamburg. Die späten 70er- und ganz frühen 80er-Jahre waren die große Zeit des Neuen Deutschen Films: Rainer Werner Fassbinder lebte noch, Volker Schlöndorffs "Blechtrommel" gewann als erster deutscher Film einen Oscar, Werner Herzog bereitete die Dreharbeiten zu "Fitzcarraldo" vor.

Auch in Hamburg tat sich Wegweisendes: 1979 formulierten neben Herzog und Schlöndorff Filmemacher wie Wim Wenders und Hark Bohm die "Hamburger Erklärung": Filmförderung solle "nicht mehr von Gremien, Anstalten, Interessengruppen so wie bisher fremdbestimmt werden", hieß es. Selbstbewusst proklamierten die Regisseure: "Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren." Und: "Wir müssen uns auf die Socken machen."

Das taten die Filmschaffenden dann auch: Sie beschlossen das "Hamburger Filmbüro e. V." zu gründen, die Keimzelle der heutigen Hamburger Filmförderung. Anfang 1980 wurde der Beschluss umgesetzt. Unabhängige Gremien entschieden fortan in Eigenregie über die Förderung eingereichter Anträge. Keine Politiker, Lobbyisten und Fernsehmächtigen mischten sich ein. Nun habe die "Sex, Drugs and Rock-'n'-Roll-Generation" des deutschen Films ihr Schicksal selbst in der Hand, befand damals ein gewisser Dieter Kosslick. 1983 wurde der heutige Berlinale-Chef selbst Leiter des Hamburger Filmbüros.

Die Filme, die 1980 mit den ersten drei Millionen Mark gefördert wurden, trugen Titel wie "Hamburg-Altona - ein starkes Stück" oder auch "Gorleben: Der Traum von einer Sache". Unter ihnen sind aber auch bekannte Werke wie Hark Bohms "Der Fall Bachmeier" und "Tausend Augen" von Hans-Christoph Blumenberg.

30 Jahre und mehr als 3000 geförderte Filme später kann sich die Bilanz der Filmförderung Hamburg, die 2007 mit der von Schleswig-Holstein zusammengelegt wurde, sehen lassen. Der norddeutsche Landwirt Detlev Buck realisierte mit ihrer finanziellen Hilfe seinen Debütfilm "Karniggels" (1990). Auch der erste Langfilm des früheren Filmvorführers Tom Tykwer, "Die tödliche Maria" (1993), wurde mit Hamburger Geld unterstützt. Sebastian Schipper, Oliver Hirschbiegel, und Matthias Glasner - sie alle drehten ihre Erstlingsfilme mit Hamburger Förderung. Nicht zu vergessen der Hamburger Lokalpatriot und Publikumsliebling Fatih Akin, der mittlerweile wahrscheinlich auch für die Umsetzung eines 16-seitigen Einkaufszettels Fördergeld aus seiner Heimatstadt bekommen würde.

Auf Treue zu Künstlern wie Akin, Monika Treut oder Hermine Huntgeburth habe sie immer Wert gelegt, sagt Eva Hubert, die seit 1997 die Geschäfte der Filmförderung mit Ausdauer und Leidenschaft für die Sache führt. Sie beklagt sich nicht öffentlich darüber, dass Hamburg vergleichsweise wenig für Filmförderung ausgibt - zuletzt waren es knapp elf Millionen Euro pro Jahr. Dem am Hungertuch nagenden Berlin sind seine Filmschaffenden dagegen jedes Jahr 30 Millionen Euro wert. Die Hauptstädter wissen, warum sie das tun: Film-Locations in einer Stadt sind nützlich für deren Image. Viele Drehtage schaffen Arbeitsplätze.

Doch nicht nur hanseatische Zurückhaltung bei der Bemessung der Filmförderung hat verhindert, dass Hamburg 30 Jahre nach Gründung des Filmbüros eine Filmmetropole wie Berlin und München ist. Namhafte Produktionsfirmen konnten ebenso wenig angesiedelt werden wie große Fernsehsender, die als Koproduzenten für die Filmbranche immer wichtiger werden. Dabei waren mit Premiere - dem heutigen Sky - und Sat.1 zwei Branchengrößen kurze Zeit in Hamburg ansässig. Sie konnten aber nicht gehalten werden.

So bleibt in der Hansestadt der NDR mit seiner Tochter Studio Hamburg das Maß aller Dinge. Doch leider ist dessen Interesse an Filmen überschaubar. "Die TV-Monokultur verhindert, dass um ein starkes Studio herum eine kreative Filmlandschaft entsteht", sagt der auf die Filmbranche spezialisierte Hamburger Anwalt Harro von Have. Er meint wohl Studio Hamburg in Tonndorf, das sich fast ausschließlich auf Fernsehproduktionen konzentriert.

Dennoch spielt der NDR für die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein eine wichtige Rolle. Eine Million Euro steuert der Sender allein 2010 zu ihrem Etat bei. Dafür ist er prominent in ihren Gremien vertreten. Von 1997 bis 2009 entschied auch die ehemalige NDR-Fernsehspielchefin Doris Heinze darüber, welche Filme gefördert werden. Vergangenes Jahr kam heraus, dass sie dem NDR unter Pseudonym eigene und Drehbücher ihres Mannes untergeschoben hatte. Produzenten, Autoren und Regisseure litten schon lange unter Heinzes Allmacht, die sie auch ihrem Einfluss in diversen Fördergremien verdankte. Das ist ebenfalls Teil der Geschichte der Hamburger Filmförderung.

Doch das Positive überwiegt bei Weitem: Stolz sind die Hamburger auf die Vielfalt der Filme, die hier realisiert werden. Anders als etwa die Filmförderanstalten in Nordrhein-Westfalen und Bayern mit ihren üppigen Etats schielen sie in der Hansestadt nicht auf kommerzielle Projekte mit internationaler Besetzung und populären Regisseuren. Für Hamburg ist die Beteiligung an einem Werk wie Polanskis "Der Ghostwriter" die Ausnahme. Nicht Quote, Einspielergebnisse und Markttauglichkeit sind hier die entscheidenden Kriterien, sondern die Qualität. In Hamburg werden kurze und lange, experimentelle und dokumentarische, viel beachtete und kaum gesehene Filme gefördert.

Grund zum Feiern hat die Filmförderung also allemal, wenn sie heute Abend in der Handelskammer ihr Jubiläum begeht.