Das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum entführt seine Besucher auf der Traprennbahn in eine Zeit, die 800 Jahre her sein könnte.

Trabrennbahn. Wenn sich Menschen im 21. Jahrhundert Gedanken über das Mittelalter machen, dann sind den Fantasien keine Grenzen gesetzt. Natürlich lebten die Zeitgenossen zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert ausschließlich in feucht-klammen Hütten zwischen Hühnern, Schweinen und Pest-Toten, lösten Probleme kurz und schmerzhaft mit Streitkolben und Scheiterhaufen und trugen Schottenröcke. Zumindest wollen uns Kino-Blockbuster wie "Braveheart", "Der erste Ritter" oder jüngst "Robin Hood" weismachen, dass die wackeren Rittersleut schon Anno Domini 1200 mit Landungsbooten der US-Navy an Englands Küsten landeten.

Eine Tatsache ist unbestreitbar: Wir leben gern im Mittelalter

Aber während sich Historien-Nerds, Geschichtswissenschaftler und Kino-Freaks über Filmfehler von Mel Gibson, Ridley Scott und ihren Kollegen geharnischte Debatten liefern, ist eine Tatsache unbestreitbar: Wir leben gern im Mittelalter. Ganze Lkw-Ladungen neuer Historienromane werden monatlich vor den Buchhandlungen abgeladen, im Kino werden regelmäßig Königreiche und Ritterhimmel errichtet und auf den Spielekonsolen und PCs der Welt klirren bei "Assassin's Creed" oder "Venetica" die Schwerter.

Wer Tonträger von In Extremo oder Saltatio Mortis in den mittlerweile mittelalterlich anmutenden CD-Schacht oder auf den iPod schiebt, erlebt eine Mischung aus Walther von der Vogelweide und Rammstein - kein Sound für die Nische, wohlgemerkt, sondern Stoff für oberste Chartspositionen und ausverkaufte Hallen.

Wem das noch nicht reicht, der lässt sich ein echtes Kettenhemd basteln und ein falsches Latexschwert schmieden und zieht in die faszinierende Welt des Live-Rollenspiels. Einen akademischeren, nicht minder unterhaltsamen Ansatz verfolgen "Reenactment"- und "Living History"-Enthusiasten, die mit mühevoll recherchierter und authentisch handgearbeiteter Kleidung und Ausrüstung die Schlacht von Hastings 1066 oder schlicht das Alltagsleben zu Zeiten von Barbarossa und Löwenherz nachstellen, nachfühlen und nachleben.

Grenzen zwischen den mittelalterlich inspirierten Leidenschaften sind mal klar, mal unscharf, mal hartnäckig verteidigt wie die englische Stellung bei Azincourt, mal so selbstverständlich gemeinsam erlebt wie ein Fantasy-Kinoabend bei "Der Herr der Ringe".

Das Kultur-Festival entführt in eine mittelalterliche Parallelwelt

Das Mittelalterlich Phantasie Spectaculum reist seit vielen Jahren durch die Reste des Sacrum Romanum Imperium, des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, um als mittelalterlich inspiriertes Kultur-Festival Jung und Alt in eine Parallelwelt zu entführen, die 800 Jahre her sein könnte.

Gaukler und Spielleute, Marketender und Reisige, Mundschenke, Falkner, Quacksalber und Scharlatane schlagen ihre Zeltlager vom 25. bis zum 27. Juni auf der Bahrenfelder Trabrennbahn auf. Sie heißen Kiepenkasper, Bruder Rectus oder Narr Dreyfuß, wenn sie den Plebs mit Possenspielen begeistern, oder Spiral Fire, wenn sie mit lodernden Fackeln jonglieren.

Und während sich die Ritter von Ars Equitandi im Turnier beim Tjost messen, feiert das Volk bei Met, Bratspieß und den Klängen internationaler Barden und Musikanten. Mit dabei sind auch Saltatio Mortis aus Karlsruhe, Rapalje aus den Niederlanden und Soar Patrol aus Schottland. Da würde auch der alte Barbarossa erwachen und auf ein Bierchen vom Kyffhäuser steigen.

Mittelalterlich Phantasie Spectaculum 2010 Fr 25.6., 14.00-24.00; Sa 26.6., 11.00-24.00; So 27.6., 11.00-20.00, Trabrennbahn Bahrenfeld (MetroBus 1, 2,3), Luruper Chaussee 30, Eintritt 10,-/5,- (Fr); 12,-/6,- (Sa/So), Kinder bis 5 J. frei; www.spectaculum.de