Die Herkunft der Hamburger Orts- und Gewässernamen ist in einem neuen historischen Lexikon kenntnisreich und unterhaltsam erläutert.

Hamburg. Es muss enttäuschend für ihn gewesen sein: 2002 schon hatte der renommierte Schleswiger Germanist und Historiker Wolfgang Laur sein erstes Manuskript über die Bedeutung der Hamburger Orts- und Gewässernamen fertig, arbeitete dann im Alter von mehr als 80 Jahren daran weiter: Doch während sein Ortsnamensverzeichnis zu Schleswig-Holstein bei Wissenschaftlern seit 1967 schon als "der Laur" hohe Anerkennung genießt, wollten die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein keine Finanzierung des akribisch in originalen Urkunden recherchierten Werks übernehmen.

Erst jetzt, drei Jahre nach dem Tod von Wolfgang Laur, ist das historische Lexikon erschienen. Finanziert durch die "Zeit"-Stiftung, die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung und die Hamburger Sparkasse.

"Hamburg sah sich zuvor nicht für einen schleswig-holsteinischen Fachmann zuständig, Schleswig-Holstein nicht für ein Hamburger Thema", sagt der jüngere Bruder des verstorbenen Autors, der Chemie-Professor Peter Laur. Noch kurz vor dem Tod seines damals 87-jährigen Bruders hatte er ihm versprochen, diese letzte Arbeit zu fördern - was nun gelungen ist.

Herausgekommen ist im Wachholtz Verlag ein kleines, aber "sehr feines" Buch, wie der Hamburger Historiker und Mitarbeiter im Hamburg-Museum, Ralf Wiechmann, sagt. Bisher, so Wiechmann, habe es für Hamburg ein so sorgfältig in Originalquellen recherchiertes Nachschlagewerk noch nicht gegeben. Für Wissenschaftler wie für Laien gebe es nun endlich eine fundierte Basis über die Herkunft von Ortsbezeichnungen und Gewässernamen in der Stadt.

Und da dürfte es manches interessante Fundstück geben: Einige hatte sich der Kieler Germanist und Mitherausgeber Friedhelm Debus für die Präsentation des Buches herausgesucht. Debus, lange Zeit Dekan der Philosophischen Fakultät in Kiel, bezog sich dabei vor allem auf die Herkunft der Flussnamen Elbe, Alster und Bille, die viel älter sein dürften, als mancher vermutet. Schon gut 2000 vor Christus habe es Anklänge dieser Namen gegeben. Und weil Flüsse als Orientierung gelten, wurden die Namen im Wesentlichen von späteren Volksstämmen übernommen, sagt Debus.

Der Name Alster beispielsweise hat nach dem neuen Laur-Lexikon ursprünglich einmal die Bedeutung "der schwellende, anwachsende Fluss" gehabt. Der Name Bille indes geht womöglich auf einen alteuropäischen Wortstamm zurück, der die Farbe Weiß bezeichnet. Und das Wort Elbe schließlich könnte sich auf eine Bezeichnung schlicht für Fluss beziehen.

Auch bei den im Lexikon verzeichneten Ortsnamen steckt oft eine sehr weit zurückreichende Vergangenheit dahinter, wie eine Lektüre des Buches zeigt.

Der heutige Stadtteil Lokstedt beispielsweise könnte seinen Namen von dem zwiebelartigen Gewächs Lauch bekommen haben, sagt Debus. Lauch habe einst als magische Kult- und Heilpflanze im Norden gegolten, vergleichbar mit Weihrauch. Stellingen dann bezeichnete eine Erhöhung. Und die vielen Büttels in Hamburger Ortsnamen entstammten oft einfach Spitznamen von früheren Bewohnern.

Und diese Spitznamen waren dann manchmal wenig schmeichelhaft: Fuhlsbüttel etwa hat seinen Ursprung in dem Zusatz "faul".

Wolfgang Laur: Die Orts- und Gewässernamen der Freien und Hansestadt Hamburg. Ein historisches Lexikon unter Einbeziehung relevanter Flurnamen. 272 Seiten, 25 Euro,Wachholtz Verlag