In Veit Heinichens Krimi “Keine Frage des Geschmacks“ spielt auch die Adriastadt eine zentrale Rolle – ein Tod vor Postkartenkulisse.

Namen erzählen manchmal Geschichten. Harald Bierchen etwa könnte solch ein Name sein. Eine Figur in Veit Heinichens Kriminalroman "Keine Frage des Geschmacks" trägt diesen Namen und natürlich ist es keine sympathische Figur - fettleibig, mit dicken Händen, Filmproduzent von Beruf. Was passiert mit einem solchen Mann? Er geht unter. In der Adria. Ein Tod vor Postkartenkulisse. Immerhin.

Kulisse ist ein gutes Stichwort, denn in Heinichens siebtem Roman mit Commissario Laurenti spielt immer auch eine Stadt die Hauptrolle: Triest. Dort lebt der Autor, einst Geschäftsführer des Berlin-Verlags, seit nunmehr knapp 20 Jahren, gemeinsam mit seiner Frau, einer Köchin, in einem Haus mit Blick auf Adria und Weinberge.

Schönheit gibt es nur, weil es auch das Hässliche gibt, das Gemeine, Brutale, Schmutzige. Und dessen Name heißt nicht nur Harald Bierchen, sondern auch Politik. Was die Sache per se verzwickt macht. Eine Londoner Abgeordnete wird während eines Triest-Urlaubs in flagranti erwischt, beim Sex fotografiert und mit den Aufnahmen erpresst. Als eine mit der Politikerin befreundete äthiopische Journalistin anreist, um in dem Fall zu recherchieren, sieht sich auch Laurenti gezwungen zu handeln. Wenngleich ihn Sommer, Wein und die Liebe eher zum Dolce Vita unter der Sonne des Südens animieren.

Mit Commissario Proteo Laurenti hat Veit Heinichen eine vielschichtige Figur entworfen. Grundsätzlich allen Genüssen zugewandt, den kulinarischen und leiblichen im Besonderen, ist Laurenti auch Familienmensch, der seine Frau und seine Tochter liebt, und harter Bulle, wenn's denn sein muss. Fünf Romane mit dem Commissario sind zwischen 2006 und 2009 von der ARD verfilmt worden, in den Hauptrollen mit Henry Hübchen und Barbara Rudnik wunderbar besetzt.

Die Geschichten, die der ehemalige Verleger Heinichen erzählt, leben von der Innenschau des Triestiner Lebens und der Sicht auf das Außen, die prächtige Kulisse der alten Hafenstadt. Wobei Heinichen der Blick tief hinein in den maroden Kern der städtischen Gesellschaft leicht fällt, ist er doch selbst in der lokalen Politik Triests engagiert. Sorgsam zeichnet er seine Figuren, immer die Sensibilität für kleine Details wahrend, was das Atmosphärische atmen lässt. Reißerisches, schnell geschnittene Action ist den Romanen weitgehend fremd, Heinichen zieht das Erzähltempo nur dort an, wo es wichtig ist, nicht um des Effekts willen.

Es wäre auch wider des Commissarios Natur. "Laurentis Laune war so finster wie die Gewitterwolken am Horizont", heißt es gegen Ende dieses lesenswerten Kriminalromans. Seine Miene wird sich wieder aufhellen. Es gibt ja noch den Sommer, den Wein, die Liebe - und den Humor.

Veit Heinichen: "Keine Frage des Geschmacks". Zsolnay-Verlag, 367 Seiten, 19,90 Euro. Der Autor liest am Fr 27.4., 19.30, im Speicherstadtmuseum, Karten zu 10,- unter T. 32 11 91