Soap & Skin konfrontierte das Kampnagel-Publikum 90 Minuten mit Klängen und Geräuschen als Ausdruck von selbst erlebter Wut und Pein.

Hamburg. Nebel hängt über der Bühne. Irgendwo in der Finsternis steht Anja Plaschg, jene junge Österreicherin, die sich Soap & Skin nennt. Mächtige metallische Schläge dröhnen durch die k6 auf Kampnagel und lassen die Holztribünen erzittern. Dann macht ein Scheinwerfer die Sängerin in der Bühnenmitte sichtbar. Dunkel gekleidet steht sie hinter dem Mikrofonständer und singt das sinistere "Deathmental" zu den wuchtigen Beats, die sie von ihrem Laptop einspielt. Im Laufe der nun folgenden 90 Minuten wird sie das Publikum noch oft mit Klängen und Geräuschen an der Schmerzgrenze traktieren - Ausdruck von Wut und Pein, die sie seit Beginn der Pubertät erlebt hat.

Anja Plaschg hat sich immer als Außenseiterin gefühlt. Diese Sonderstellung spiegelt sich in ihrer Kunst wider. In dem Mut, sich auch körperlich völlig zu verausgaben. Kommunizieren mag sie mit ihren aufmerksamen Zuhörern nicht. Ein hingehauchtes "Danke" ist im Zugabenteil alles, was von ihr zu hören ist. Doch ein Lied wie "Vater", eine Erinnerung an den 2009 plötzlich gestorbenen Vater, ist von einer geradezu radikalen Intimität. "Um alles in der Welt, das dich am Leben hält, zerschlag ich auch mein Himmelszelt", singt sie und begleitet sich dazu am Klavier mit romantischen Melodiebögen in Moll.

Die 21 Jahre alte Künstlerin ist eine versierte Pianistin mit einem leichten Anschlag, doch es gibt Momente, in denen sie die wilden Beats nicht ihrem Laptop überlässt, sondern die Tastatur mit Fäusten und Ellenbogen attackiert, wie es der Free-Jazz-Musiker Cecil Taylor getan hat. An einer Stelle spielt sie sich so in Rage, dass es sie von ihrem Klavierschemel reißt und sie zu Boden stürzt. Ausdruck eines körperlichen Spiels, das seinen Höhepunkt im "Marche Funèbre" findet, wenn Anja Plaschg sich zu den Stakkato-Rhythmen wie ein außer Kontrolle geratener Brummkreisel über die große Bühne dreht.