Die NDR-90,3-Programmchefin Sabine Rossbach hat in ihrer kurzen Amtszeit schon mehr bewegt als viele ihrer Vorgänger.

Hamburg. Mit einem Mal dreht Sabine Rossbach den Spieß um. Was denn ihr Gast von Brahms' Motiv aus dem vierten Satz seiner ersten Sinfonie als Erkennungsmelodie des "Hamburg Journals" halte, möchte sie wissen. Ihr Interesse ist nicht geheuchelt. Die Hamburger Landesfunkhausdirektorin ist eine Frau, die gestalten will. Und da ist ihr das Urteil Dritter wichtig, auch wenn es sich in diesem Fall bei dem Dritten um einen Zeitungsjournalisten handelt, der eigentlich gekommen ist, um sie zu befragen.

In den gut anderthalb Jahren, in denen Rossbach als Landesfunkhausdirektorin wirkt, hat sie bereits einiges verändert. Ihr reicht es nicht, das Funkhaus nach außen zu repräsentieren. Die Tochter eines Zeitungsjournalisten, die einst bei den "Kieler Nachrichten" volontierte, ist eine Macherin. Manche im NDR sagen, sie habe in ihrer noch kurzen Amtszeit schon jetzt mehr verändert als ihre Vorgängerin Maria von Welser in gut sieben Jahren.

Nicht jedem im Sender gefällt das. Manchen bei NDR 90,3 irritierte anfangs, dass die neue Chefin, wann immer sie eine Idee zum Programm hatte, in der Redaktion anrief. Das waren die Redakteure nicht gewohnt.

Als Rossbach dann auch noch eine Strukturreform initiierte, die nahezu den kompletten Wegfall der zweiten Hierarchie-Ebene der Hamburg-Welle zur Folge hatte, kam es zum Konflikt mit der damaligen NDR-90,3-Programmchefin Juliane Eisenführ. Am Ende verließ Eisenführ die Radiostation. Ihren Job erledigt die Landesfunkhausdirektorin nun selbst. Das ist keine Interimslösung.

Ihre Doppelfunktion fördere das "bimediale Arbeiten", wie Rossbach das nennt. Die 52-Jährige ist im NDR nicht nur für den Hamburger Hörfunk, sondern auch für das Fernsehen verantwortlich und hier vor allem für das "Hamburg Journal". Beide Medien will sie enger miteinander verzahnen. Das hat dann beispielsweise zur Folge, dass der Politik-Chef des "Hamburg Journals", Jürgen Heuer, von einer Asienreise von Bürgermeister Olaf Scholz auch für das Radio berichtet. Eine Bob-Dylan-Hommage der Hörfunksendung "Hamburg Sounds" lief auch im NDR Fernsehen. Und derzeit planen NDR 90,3 und das "Hamburg Journal" gemeinsam eine Sommertour durch die Stadtteile Niendorf, Harburg und Wandsbek.

Die Landesfunkhausdirektorin möchte, dass künftig große Themen wie der HSH-Nordbank-Skandal oder die Elbvertiefung von bimedialen Teams bearbeitet werden. Sie selbst ist ja auch in beiden Medien zu Hause: Nach ihrem Volontariat und einer kurzen Zeit als Redakteurin folgte sie 1981 ihrem damaligen Mann nach Hamburg und fing als freie Mitarbeiterin von NDR 2 praktisch noch einmal von vorne an. Schnell stieg sie auf: 1987 wurde Rossbach Redakteurin, 1994 Leiterin der Abteilung Wort/Unterhaltung und 1997 Chefin des NDR-2-Pools Wort.

1998 ging sie dann als stellvertretende Direktorin des Landesfunkhauses Mecklenburg-Vorpommern nach Schwerin. Dort war sie für das Fernsehen verantwortlich, obwohl sie zuvor mit dem Medium kaum etwas zu tun gehabt hatte. Offenbar kam sie dort bestens zurecht. Denn als sie im Oktober 2010 nach Hamburg in die "schönste Stadt Deutschlands" (Rossbach) zurückkehrte, hatte die Mutter zweier erwachsener Töchter ein paar TV-Ideen aus Schwerin im Gepäck.

Wie das Mecklenburger "Nordmagazin" hat nun auch das "Hamburg Journal" eine Doppelmoderation. Die Moderatorin Tina Wolf brachte sie gleich aus Schwerin mit. Und die Idee, die 18-Uhr-Ausgabe des "Hamburg Journals" aus einem Stadtteil übertragen zu lassen, ist auch dem "Nordmagazin" abgeschaut, das um diese Uhrzeit schon seit Langem aus einer der Städte seines Sendegebiets berichtet.

Es wird wohl noch mehr Veränderungen beim "Hamburg Journal" geben. Rossbach möchte, dass es "noch frischer und investigativer" wird, was uns zurück zum Motiv aus dem vierten Satz von Brahms' erster Sinfonie führt. Ihrem Gast gefällt die Melodie. Für ein aktuelles Stadtmagazin findet er sie aber zu getragen.

Das sieht die Landesfunkhausdirektorin offenbar genauso. Es könnte deshalb durchaus möglich sein, dass sich das "Hamburg Journal" demnächst eine neue Erkennungsmelodie zulegt.