Zwei neue ARD-Filme um die Göteborger Ermittlerin Irene Huss machen Fans von Schwedenkrimis am Sonntag und am Montag glücklich.

Hamburg. Das Erfolgsgeheimnis schwedischer Kriminalromane und Kriminalfilme ist keins mehr. Mittlerweile weiß man: Es muss möglichst dunkel sein, möglichst schwermütig und das Erzählte muss möglichst nah dran sein an dem, was wir unter Realität verstehen, Privates wird in mehr oder weniger kleinen Dosen gern genommen. Das mögen deutsche Leser wie auch deutsche Fernsehzuschauer. Wenn's denn schon kein Brunetti sein darf.

Helene Tursten stammt aus Göteborg und zählt zu den erfolgreichsten schwedischen Krimiautoren. Irene Huss, Kommissarin bei der Kripo Göteborg, hat sie ihre Heldin genannt, zehn Romane mit ihr sind bislang erschienen, die Verkaufszahlen gehen in die Hunderttausende. Im Jahr 2009 zeigte die ARD die ersten Verfilmungen der Irene-Huss-Reihe, jetzt stehen vier weitere Filme auf dem Programm, zwei davon an den Ostertagen. Am Sonntag heißt es "Der im Dunkeln wacht", am Montag dann "Tödliches Netz", beide in der Regie von Richard Holm.

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Wie schon vor drei Jahren ist in der Hauptrolle wieder Angela Kovács zu sehen, die die Doppelbelastung als Ermittlerin und als Mutter zweier pubertierender Töchter leidlich zu schultern weiß - dank der tatkräftigen Hilfe ihres Ehemanns. Angela Kovács, die auch in Wallander-Verfilmungen zu sehen ist, ist eine glückliche Besetzung der Rolle. Sie ist tough, zupackend und fürsorglich, in wechselnder Reihenfolge. Ihr zur Seite gestellt ist ein so heterogenes wie schlagkräftiges Team, aus dem der bärbeißige Macho Jonny Blom (Dag Malmberg) herausragt.

Am Anfang stirbt die Blumenhändlerin in "Der im Dunkeln wacht". Eine seltene Orchidee liegt neben der Toten, die von einer Schar Pfadfindern gefunden wird, vergraben auf einer abgelegenen Wiese, die sich als wahres Leichenfeld erweisen soll. Sechs tote Frauen gräbt die Polizei dort aus (eine Leiche reicht den Schweden nicht, was bereits Henning Mankell in seinen Kriminalromanen den Leser lehrte), die Taten liegen teilweise Jahre zurück. Wie die Orchidee bei der Blumenhändlerin, so finden sich auch in den anderen Gräbern ganz persönliche Beigaben. Der Täter muss also eine besondere Beziehung zu den Ermordeten gehabt haben, mutmaßt die Polizei.

Eine Art Stalking ergibt sich aus dem psychologischen Täterprofil. Ein Stalker jedenfalls, der es offenbar gern reinlich mag: Alle Leichen sind auf gründlichste Weise gesäubert worden, bevor sie der Täter in die Erde legte, nach Ansicht der Gerichtsmedizinerin hat er die Säuberung mit einem Hochdruckreiniger ausgeführt. "Meine Mutter", so wird sich später gegen Ende des Films der Täter äußern, "hat immer gesagt: Der Staub darf nicht Überhand nehmen." Die Spur führt zu einer nahe gelegenen Autowaschanlage, in einem Sumpf kommt es schließlich zum bitteren Finale. Wie in "Der im Dunkeln wacht" ist auch in "Tödliches Netz" der Mörder recht früh bekannt. Nicht die Frage nach dem "Wer war's" gilt es also für die Ermittler zu beantworten, sondern "wie können wir den Täter überführen" lautet der Leitgedanke ihrer Überlegungen.

Der Lieblingsplatz des Killers in "Tödliches Netz" sind Chatrooms, in denen sich vorzugsweise junge Mädchen aufhalten. Eine durchaus realitätsnahe Variante einer Kriminalerzählung also: Der Täter gibt sich als Jugendlicher aus, sein Foto zeigt ihn als wahren Schönling, dem die Herzen der weiblichen User zufliegen. Das allerdings nicht nur im virtuellen Sinne, denn die vereinbarten Treffen enden für die Mädchen tödlich. Die Lösung des Falls bahnt sich in einem Zugabteil zwischen Malmö und Göteborg an. Der Lockvogel allerdings, mit dem Irene Huss und ihr Team den Mörder ködern wollen, tappt in eine lebensgefährliche Falle. Auch schwedische Kommissare machen halt mal einen Fehler.

Beide Verfilmungen überlagert eine Atmosphäre latenter Bedrohung, geschickt geschürt von parallel montierten Handlungssträngen und dunklen Farbstimmungen, die den moralischen Niedergang des einstigen Wohlfahrtsstaats illustrieren. Die Angst, sie ist immer unterschwellig, schwelend wie eine dunkle Sorge, wenn sie durch schwedische Kriminalromane oder -filme mäandert. Und wie die Verfolgungsjagden zwischen der Kommissarin und dem Mörder am jeweiligen Ende der Filme ausgehen, muss hier nicht weiter erörtert werden. Das Gesetz kann eben auch flexibel interpretiert werden, wenn kein Dritter dabei ist.

Am 1. und 25. Mai wird die Irene-Huss-Reihe mit "Die Tote im Keller" und "Teufelskreis" fortgesetzt. Auch da wird's wieder schön dunkel.

"Der im Dunkeln wacht" Sonntag, 21.45 Uhr, ARD, "Tödliches Netz" Montag, 21.45 Uhr, ARD