Eine Fernsehkritik von Karolin Jacquemain

Die Demoskopen in Allensbach haben ermittelt, dass 40 Prozent der "Tatort"-Seher die lang gedienten Kölner Ermittler am liebsten haben. Vielleicht dürfen sie deshalb so oft verreisen. Austauschprogramm als Bonus für verdiente Kommissare. Schon zum 30-jährigen Bestehen des "Tatorts" im Jahr 2000 verschlug es das Duo Ballauf/Schenk nach Leipzig, die Kollegen im Osten hießen damals Ehrlicher und Kain und sind längst in Pension gegangen. Anders gesagt: Die Allensbach-Werte waren im Keller. Die amtierenden Kommissare sind ein Mann mit einem Gesicht wie Nieselwetter, der Ballauf zur Begrüßung die Nase blutig haut, und eine Frau, die fragt: "Kaffee, Herr Schenk?" und mit dem Popo wackelt.

Der "Tatort: Ihr Kinderlein kommet", den die ARD in zwei Teilen Sonntag und Montag ausstrahlt, ist ein Krimi der Extreme. Ernster Fall (vermisste Kinder), großes Ermittlergeblödel. Flirten für Anfänger. Reviermarkieren wie auf dem Pausenhof. Völkerverständigungsschwierigkeiten in der Kantine. "Halve Hahn" hatte Martin Wuttkes Keppler bestellt. Jetzt guckt er mit seinem tollen Grantlergesicht auf die Käsebrötchenhälfte mit Petersiliensträußchen vor ihm, während Dietmar Bärs Freddy Schenk der Brathähnchensaft übers Kinn läuft. Das Lexikon kölschen Brauchtums sollte man in Reichweite haben bei diesem "Tatort", der auch ein Duell Burgtheater gegen millowitschhafte Volksschauspielerfröhlichkeit ist.

Am Ende steht die obligatorische Imbissbudenwurst vor Domkulisse. Kölsch für Ballauf, Küsschen von der Kollegin auf Zeit für Schenk. Was fürs Herz, das. Wieder ein paar Punkte für Allensbach gesammelt.