Während der Sanierung der Bühnenmaschinerie wird das Parkett des Deutschen Schauspielhauses überdeckelt. Kommende Spielzeit zeigt Vielfalt.

Hamburg. "Wegen Umbau geöffnet", heißt es in der kommenden Spielzeit am Deutschen Schauspielhaus. Sie könnte in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich werden. Denn vom 1. Juni 2012 an wird nicht nur mit dem Umbau des Bühnenturms begonnen, es stehen auch zehn Neuproduktionen, darunter sieben Uraufführungen, an. Etliches davon ist vielversprechend: Regisseure wie Jorinde Dröse und René Pollesch inszenieren, es gibt einen neuen Wittenbrink-Liederabend, ein bisschen "Black Rider" kehrt nach Hamburg zurück, und eine französische Komödie sorgt für Spaß.

Für 15 Monate bleibt die große Bühne hinter dem Eisernen Vorhang. Hier wird die seit Jahren marode Bühnenmaschinerie erneuert für alle Fahrbewegungen auf der Ober- und Unterbühne. 16,5 Millionen Euro hat der Senat dafür zur Verfügung gestellt. Gespielt wird in dieser Zeit auf einer "Spielfeld" genannten Fläche, die über das Parkett des Hauses gelegt wird. "Ganz nah dran am Bühnengeschehen", so versprachen die Schauspielhaus-Chefs, werden dann die Zuschauer sitzen. 100 Plätze gibt es noch im Parkett, 609 Plätze verteilen sich auf den ersten und zweiten Rang. "Ich kann Ihnen versprechen", so Intendant Jack Kurfess gestern bei der Präsentation, "das ergibt tolle Perspektiven. Kein Platz wird schlechter sein."

Die nächste Saison startet am 7. September. Kurz wird sie sein, denn schon am 30. April 2013 ist Schluss. Dann geht es in die Endphase der Umbauten, die im Oktober 2013 abgeschlossen sein sollen. "Ein sehr enger Zeitplan", sagt der Technische Direktor Hans Joachim Rau, "aber alles ist gut vorbereitet".

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Im September 2012 wird es gleich drei Premieren auf der "Spielfeld"-Bühne geben, die nun wie ein Deckel auf dem Parkett liegt. René Pollesch präsentiert seine Reflexionen über die Abwesenheit von Göttern mit Sophie Rois unter dem Titel "Neues vom Dauerzustand". Eine Woche später, am 14. September, wird Albert Ostermaiers Drama nach Shakespeares "Kaufmann von Venedig" aufgeführt. "Ein knallhartes Männerstück über die Finanzmärkte von heute", wie es bei der Pressekonferenz hieß, sein Titel "Ein Pfund Fleisch". Mit dabei sind Dominique Horwitz und Michael Prelle. Am 21. September gibt es einen neuen Liederabend von Franz Wittenbrink, der sich diesmal das Thema Kreuzfahrten vorgenommen hat. "Aida" heißt der Abend, der weniger an Verdi erinnern soll.

Patrick Süskinds Erfolgsstück "Der Kontrabass" kommt am 6. Oktober mit Stefan Schad heraus. Regisseurin Alice Buddeberg inszeniert "Ödipus" mit Markus John in der Titelrolle, Premiere ist am 19. Oktober. "Le Prenom" ist eine französische Komödie im Stile der Stücke von Yasmina Reza, in der zwei Ehepaare sich fetzen, weil eines der Paare originell sein wollte und seinen Kindern Namen wie Adonas und Athena gegeben hat. Das Stück, derzeit ein Publikumshit in Paris, hat am 4. November unter dem Titel "Der Vorname oder Zu Gast bei guten Freunden" Premiere. Am 25. November bringt Dominique Horwitz, der in den 90er-Jahren den legendären "Black Rider" am Thalia-Theater spielte, "The Right Bullets" heraus, einen musikalischen Abend, an dem der Freischütz auf Tom Waits trifft. Am 7. Dezember wird Oliver Klucks neues Stück "Männer, Frauen, Arbeit" uraufgeführt.

Die junge Regisseurin Jorinde Dröse, in Hamburg gut bekannt durch ihre Inszenierungen am Thalia-Theater, wird Tino Hanekamps Roman über eine Nacht in einem Hamburger Klub, "Sowas von da", am 12. Januar herausbringen. Hanekamps mehrfach ausgezeichnetes Debüt, seine Erfahrungen als Mitbegründer des Uebel & Gefährlich sowie sein Wunsch, die Hamburger Band 1000 Robota bei der Produktion mitmachen zu lassen, werden für einen rasanten Abend sorgen. Am 26. Januar kommt dann schon die "Hafenballade" heraus, allerdings nicht im Schauspielhaus, sondern an einem externen Spielort. Auch bei dieser Produktion gibt's wieder viel Musik. Das "Stück für die ganze Familie" dreht sich um Hafen und Abschied und alles, was dazugehört. Der Schauspieler Fabian Hinrichs zeigt die Soloperformance "Bezahl für dein Vergnügen", bevor es dann zum Abschied im April das Ensembleprojekt, einen Western mit dem Titel "Ritt in die Sonne", geben wird.

Kein schlechtes Programm für die letzte Spielzeit unter Jack Kurfess. Bevor dann im Herbst 2013 Karin Beier die Intendanz am Schauspielhaus übernimmt, könnte noch das eine oder andere Highlight dabei sein. Aufgrund des kleineren Zuschauerraums, der verkürzten Spielzeit und der damit verbundenen geringeren Vorstellungszahl wird es einen Einnahmeausfall von voraussichtlich einer Million Euro geben, der sich durch Sparmaßnahmen nicht vollständig kompensieren lassen wird.

Insgesamt vermeldet das Schauspielhaus derzeit positive Zahlen: Mit 260 000 Zuschauern und 2,4 Millionen Euro Einnahmen wurde in der vergangenen Spielzeit das beste Ergebnis seit 1997/98 erzielt. Es zeichnet sich ab, dass das Niveau in dieser Spielzeit gehalten wird: Bis 31. Januar dieses Jahres haben 148 000 Zuschauer die Vorstellungen besucht. Der Besucherdurchschnitt pro Aufführung im Großen Haus liegt bei 738 Zuschauern.

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