Frühlingsglaube

Die linden Lüfte sind erwacht, sie säuseln und weben Tag und Nacht, sie schaffen an allen Enden. Oh frischer Duft, oh neuer Klang! Nun, armes Herze sei nicht bang! Nun muss sich alles, alles wenden. Die Welt wird schöner mit jedem Tag, man weiß nicht, was noch werden mag, das Blühen will nicht enden. Es blüht das fernste, tiefste Tal: Nun, armes Herz, vergiss der Qual! Nun muss sich alles, alles wenden.

Ludwig Uhland

Vorfrühling

Härte schwand. Auf einmal legt sich Schonung An der Wiesen aufgedecktes Grau. Kleine Wasser ändern die Betonung. Zärtlichkeiten, ungenau, greifen nach der Erde aus dem Raum. Wege gehen weit ins Land und zeigens. Unvermutet siehst du seines Steigens Ausdruck in dem leeren Baum.

Rainer Maria Rilke

Es kommt der Lenz

Es kommt der Lenz mit dem Hochzeitgeschenk, mit Jubel und Musizieren, das Bräutchen und den Bräutigam kommt er zu gratulieren. Er bringt Jasmin und Röselein, und Veilchen und duftige Kräutchen, und Sellerie für den Bräutigam, und Spargel für das Bräutchen.

Heinrich Heine

Er ist's

Frühling lässt sein blaues Band Wieder flattern durch die Lüfte; Süße, wohlbekannte Düfte Streifen ahnungsvoll das Land. Veilchen träumen schon, Wollen balde kommen. - Horch, von fern ein leiser Harfenton! Frühling, ja du bist's! Dich hab ich vernommen!

Eduard Mörike

Frühling über's Jahr

Das Beet schon lockert Sich's in die Höh'; Da wanken Glöcken So weiß wie Schnee; Safran entfaltet Gewalt'ge Glut, Smaragden keimt es Und keimt wie Blut. Primeln stolzieren So naseweis, Schalkhafte Veilchen Versteckt mit Fleiß; Was auch noch alles Da regt und webt, Genug, der Frühling Er wirkt und lebt.

Johann Wolfgang von Goethe