Die ZDF-Dokumentation “Schneller als das Auge“ erklärt dem Zuschauer, wie moderne Hochgeschwindigkeits-Kameras arbeiten.

Angenommen, die Welt wäre anders beschaffen, als uns bewusst ist - aber nicht, weil sie verschleiert vor uns liegt, sondern weil wir von Natur aus unfähig sind, sie adäquat wahrzunehmen. Eine frustrierende Annahme. Und leider eine Tatsache: Bedingt durch den organischen Aufbau unserer Augen entgehen uns ganze Bestandteile der Wirklichkeit, die somit nur in einer Art Paralleluniversum existieren.

Zum Wahrnehmen von maximal 20 Bildern in der Sekunde sind wir in der Lage. Eine Vielzahl von Bewegungsabläufen liegt damit jenseits unserer natürlichen visuellen Aufnahmegrenzen. Der Mensch als homo technicus hat diese Barriere erkannt und stattdessen künstliche Augen entwickelt, die seinen Mangel temporär überwinden können.

Die zweiteilige ZDF-Dokumentation "Schneller als das Auge - Im Reich der Superzeitlupe" in der Reihe "Terra X" bietet dem Zuschauer einen Einblick in die faszinierende Leistung von modernen Hochgeschwindigkeitskameras. Neueste Modelle schaffen bis zu 300 000 Bilder pro Sekunde - der uns bekannte Zeitlupeneffekt schwillt so zu einer Art Megazeitlupe an, die Grauzone jenseits unseres Blicks kann immer weiter reduziert werden. Wenn Hundertstelsekunden zu ausgedehnten Sequenzen werden, zeigt sich nicht nur ein bislang unsichtbarer Bereich, der über eine völlig eigene Ästhetik verfügt - die Aufnahmen faszinieren auch Wissenschaftler der unterschiedlichsten Disziplinen, sie ermöglichen eine ungeahnte Fülle neuer Erkenntnisse über uns und unsere Umwelt. Und so verknüpft die zweiteilige Dokumentation die bloße Schönheit der Bilder mit aktuellen Forschungsprojekten und lässt hochkarätige Fachleute zu Wort kommen. "Schneller als das Auge" schwankt gekonnt zwischen diesen zwei Polen, dem Zuschauer werden in den jeweils rund 45 Minuten faszinierende Phänomene präsentiert.

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So verblüffen beispielsweise die Aufnahmen der Hamburger Boxweltmeisterin Susi Kentikian. Fast größenwahnsinnig werkeln die Bewegungsforscher an der Fliegengewichtlerin herum, vielfach verkabelt wird ihre Schnelligkeit vermessen. Das Ergebnis ist erstaunlich: Mit einem Tempo von unter 200 Millisekunden ist die Hamburgerin die schnellste Boxerin der Welt - noch schneller als die Box-Legende Muhammad Ali.

Faszinierend sind auch die Aufnahmen tänzelnder Honigbienen, die über ein fein differenziertes Verschlüsselungssystem den Standort und die Entfernung besonders lohnender Blüten an ihre Artgenossen weitervermitteln. Jede Minute dieser Aufnahmen liefert das Material für drei Forschungsarbeiten, schätzt Prof. Jürgen Tautz begeistert. Tautz muss es wissen: Er ist international renommierter Bienenforscher von der "Bee Group" der Universität Würzburg und einer der Profiteure des neuen Einblicks in unsere Umwelt.

Erstaunlich anders sehen auch Hunde aus, wenn ihr Lauf auf einer Wiese in HD-Qualität zeitlich gedehnt wird. Zusammen mit weltweit einmaligen Highspeed-Röntgenvideos können ihre Bewegungen erstmals genau entschlüsselt werden. Die Dokumentation ermöglicht durch die vielfältigen Untersuchungsobjekte viele verschiedene Einblicke in jenen Kosmos, der uns in jeder Sekunde umgibt - und doch manchmal so fern ist. Obwohl es keinen klaren thematischen Schwerpunkt gibt, wirken die Brüche nicht störend. Dafür erhält man eine alternative Sicht auf die Welt, die uns im Alltag verwehrt bleibt.

Wie sehr die Beteiligten selbst von den Filmaufnahmen profitieren, zeigen die Reaktionen der Menschen, die in der Dokumentation mitgewirkt haben. Sprengstoffexperten werden die Druckwellen einer Explosion sichtbar gemacht - sie sind begeistert. Ornithologen bestaunen die Megazeitlupenaufnahmen von Wanderfalken im Flug durch den besten Windkanal Europas. In jeder Hinsicht eine bereichernde Dokumentation.

"Terra X: Schneller als das Auge - Im Reich der Superzeitlupe" Sonntag, 11.3. und 18.3., jeweils 19.30 Uhr, ZDF